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Herzschlagfinale in der Rheingoldhalle

Weltmeisterliches Springeropfer und bissige Grazien im Einsatz: Eine Chronik der Schachduelle der Chess Classic Mainz 2002 auf drei CDs

zur Schachkolumne von Harald Fietz

 

Erscheinungsdatum 11. August

 

   Nie war Schnellschach bei den Chess Classic so dramatisch wie 2002 in der Mainzer Rheingoldhalle. Die Duelle der Weltmeister und der Grazien lieferten Schachkrimis auf höchstem Niveau. Auch das Rahmenprogramm mit Ordix Open, das Chess-960-Open, die Computer-Handicap-Matchs und die Simultans boten Spannung und Lehrreiches gleichermaßen. Taten und Hintergründe werden jetzt mit einer Dreifach-CD in Wort, Bild, Film und Analyse gezeigt. Neben Berichten von allen Events und 100 Bildern bekommt der Schachfreund exklusive Analysen aller Beteiligten geliefert. Als besonderen Leckerbissen kann man die prickelnde Atmosphäre der entscheidenden Runde der Weltmeister- und Grazien-Zweikämpfe in einer 90-minütigen Chronik erleben. Mit dem Live-Kommentar der deutschen Spitzenspieler Artur Jussupow und Eric Lobron sitzt man quasi in der ersten Reihe, wenn Viswanathan Anand zum doppelten Springeropfer gegen den FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow ausholt und die spätere U-18-Weltmeisterin Elisabeth Pähtz der Vize-Weltmeisterin Alexandra Kostenjuk Paroli bietet. Das Chess-Classic-Presseteam um Hartmut Metz und Harald Fietz hat alle Höhepunkte in dieser Dokumentation zusammengestellt.

   Die Akteure waren besondere und sie boten Besonderes. In einem hochklassigen Schnellschach-Match traf Viswanathan Anand, für den - wie einst für Boris Becker Wimbledon - die Chess Classic sein „Wohnzimmer“ sind, auf einen neuen Herausforderer: Der indische FIDE-Weltmeister von 2000/01 erwehrte sich der heftigen Angriffe des amtierenden ukrainischen FIDE-Weltmeisters Ruslan Ponomarjow, dem jüngsten Champion aller Zeiten. Anand festigt Jahr für Jahr bei den Chess Classic seinen Ruf als weltbester Schnellschachspieler. Der indische Ex-Weltmeister verteidigte auch diesmal seinen Titel durch ein umkämpftes 4,5:3,5 über Ponomarjow. Der Unterlegene bestätigte in Mainz, dass sein WM-Sieg Anfang 2002 kein Zufall war. Der 18-jährige Ukrainer bot seinem Vorgänger auf dem WM-Thron einen großen Kampf und unterlag nur hauchdünn.

   Spannung und Abwechselung prägten auch das Duell zwischen Kostenjuk und der jüngsten deutschen Frauen-Großmeisterin, Elisabeth Pähtz. Alexandra Kostenjuk gilt wegen ihrer Modellauftritte als „Anna Kurnikowa des Schachs“. Die Vize-Weltmeisterin feiert aber im Gegensatz zu ihrer Tennis spielenden Landsmännin auch Turniersiege. Elisabeth Pähtz schlug sich dennoch achtbar gegen die Favoritin. Die jüngste deutsche Großmeisterin besitzt nicht nur eine kesse Lippe, sondern dominierte den Zweikampf mit der ein Jahr älteren Rivalin. Die Sport-Gymnasiastin unterlag nur wegen vieler vergebener Chancen. Elf Partien mit der Eröffnung Sizilianisch offenbarten, dass beide Spielerinnen den offenen Schlagabtausch suchten. Nach acht Partien stand das Match gleich; im Blitz-Tie-Break hatte Kostenjuk knapp die Nase vorne.

   Doch nicht nur die Zweikämpfe erregten Aufmerksamkeit. Computer-Matchs der etwas anderen Art gehörte die Bühne im Wettstreit Mensch gegen Mensch mit Maschine. Mit Unterstützung unterschiedlicher Hardware trat die Software „menschliches Gehirn“ an. Ex-Weltmeister Anand besiegte den Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel glatt. Der Weltranglisten-14. Peter Swidler wagte das Experiment, ohne Rechner anzutreten, und behielt gegen Jauch-Show-Millionär Eckhard Freise knapp die Oberhand.

   Und dann gilt noch: Keine Chess Classic ohne Innovation! Beim ersten großen Chess960-Open von internationalem Rang winkte dem Sieger ein Herausforderer-Match gegen Peter Leko. 131 Spieler testeten die von Ex-Weltmeister Bobby Fischer erfundene Variante des Schachspiels. Am Ende gewann mit Peter Swidler ein Großmeister der Extra-Klasse. Eine Revue des Matchs Peter Leko gegen Michael Adams von den Chess Classic 2001 zeigt, welche Aufgabe auf den Mann aus St. Petersburg bei den CCM 2003 wartet.

   Bewährtes gibt es ebenfalls zu berichten: Das Ordix-Open bleibt ein Teilnehmer-Magnet! Fast 500 Schachfreunde bevölkerten die Rheingoldhalle. Die 115 Titelträger teilten den attraktiven Preiskuchen unter sich auf. Ganz vorne lag Viorel Bologan, der Sekundant von FIDE-Weltmeister Ponomarjow, mit einem halben Punkt Vorsprung.

   Große Simultan-Vorstellungen haben Tradition bei den Chess Classic. Selbst für Weltklasse-Spieler sind 40 Bretter kein Spaziergang. Ruslan Ponomarjow war über vier Stunden unterwegs, um 30 Siege, acht Remis und zwei Niederlagen zu bilanzieren. Länger auf den Beinen befand sich Alexandra Kostenjuk. An 25 Brettern standen nach fast fünfeinhalb Stunden 16 Gewinne, drei Unentschieden und sechs Niederlagen zu Buche.

   In Interviews schildern die Beteiligten ihre Eindrücke. Obwohl sich in der Schachwelt schon wieder viel getan hat, ist es immer noch interessant zu hören, was zwei Spieler zu sagen haben, die erst wenig in Deutschland aufgetreten sind. Ponomarjow nimmt auch zur Schachpolitik kein Blatt vor den Mund, Kostenjuk äußert sich – außer zum Schach - auch zu ihrer Modell-Aktivität neben dem Brett und ihrer Rivalität mit der deutschen Konkurrentin. Die Wahl-Dresdnerin Pähtz berichtet in einen Video-Interview mit Frederic Friedel aus ihrer Warte vom „Duell der Grazien“.

   Die CD kann bei ChessBase, auf der Webseite www.chesstigers.de oder bei jedem Fachhändler für 19,99 Euro bestellt werden.


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