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Israelischer Soldat kämpft sich durch Schweizer K.o.-System

Sergei Erenburg gewinnt bei seinem Deutschland-Debüt das Dresdner ZMD-Open mit neuem Austragungsmodus

Text und Fotos von Harald Fietz, September 2004

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   Wer nicht in Dresden war, wird sich ärgern. Selten konnte man bei einem deutschen Open-Turnier so leicht einen Preis gewinnen. 255 Teilnehmer beim ZMD-Open bewarben sich um 139 Geldpreise! Geboten wurde alles, was das Schachherz begehrt: Festivalatomsphäre im mit seinen Räumlichkeiten trefflich geeigneten Treff-Hotel und prickelnde sportliche Entscheidungen durch Mini-Matche im neuen K.o.-Wettbewerb. Am Ende gab es mit dem israelischen GM Sergei Erenburg einen Überraschungssieger, der sich gegen den Magdeburger GM Roman Slobodjan im Schnellschach-Tie-Break durchsetzte. Den Bronzerang, d.h. das beste Resultat der aus den K.o.-Runden Ausgeschiedenen, erspielte sich GM Tomasz Markowski aus Polen, der - ebenso wie die Großmeisterkollegen Igor Glek und Alik Gershon - jeweils 7,5 Punkte erreichte.

 

Sergei Erenburg

Er taktierte im neuen Modus am besten: GM Sergei Erenburg.

 

Innovationsschmiede Dresden

   Was das Team um Hauptorganisator Dr. Dirk Jordan zwei Jahre lang beim Porzellan-Cup im Schnellschach ausprobierte, erlebte nun im Normalschach seine Premiere: ein neues Paarungssystem, bei welchem ein K.o.-System mit einem üblichen Schweizer-System-Modus verknüpft wird. Hierdurch werden neue Spannungsmomente eingebaut, denn in jeder Runde gibt es einen Zweikampfsieger (bei Remis im Normalschach folgt eine 25-Minuten Schnellschachpartie und anschließend eine ultimative Blitzpartie). Auch die Favoriten sind nun gezwungen, jeden Tag auszukämpfen, denn nur die beiden Finalisten kommen an die beiden besten Preise im Geldtopf (heuer 4000 bzw. 2500 Euro). Alle im Knockout eliminierten Spieler rutschen in das Open, wo es um zehn Verdienstmöglichkeiten zwischen 1500 bis 250 Euro geht. Hintergrund für diese Neuerung bildete die Erfahrung aus einer Openschlussrunde vor einigen Jahren, als die etwas verspäteten Fotoreporter der Lokalzeitungen nach Kurzremisabsprachen nur noch leere Bretter vorfanden. Nun gilt also das Motto "Entscheidungen pur". Bei neun Runden eignet sich dieses System für bis zu 512 Spieler, wobei dann im Finale eine Partie Normalschach ansteht. Bis zu 256 Spielern - wie diesmal beim Erstdurchlauf vom 15. bis 23. Juli - stehen die Finalisten nach Runde sieben fest und tragen ein Minimatch mit zwei Partien aus (bei 64 bis 128 Teilnehmern würde auch das Halbfinale doppelrundig angesetzt werden).

   Ein ziemlich feine Sache möchte man meinen, zumal der Preisfond von über 25000 Euro auf über 28000 Euro erhöht wurde (12630 Euro für die zwölf ersten Plätze und 15600 Euro in 39 Ratingkategorien, die jeweils in drei Alterstufen untergliedert sind). Dennoch fanden sich gegenüber den Vorjahr weniger Schachfreunde zur 13. Austragung ein: Statt 334 Teilnehmer setzten sich 255 Spieler an die Bretter (davon 13 GMs und drei IMs - Vorjahr 16 GMs und acht IMs). Über die Gründe kann spekuliert werden: Die europäische Turnierdichte ist in der zweiten Julihälfte gestiegen - viele Standorte sind attraktiv (z.B. verlegte Oberwart seinen Termin weiter in die Monatsmitte, Amsterdam organisierte erstmals wieder ein Open, Pardubitz bleibt ein Magnet für Titelträger). Möglicherweise schien der Testlauf einigen starken Spielern nicht geheuer. Geänderte Ferientermine in Deutschland können eine Rolle gespielt haben, ebenso wie eine geringe Informationsversorgung in der internationalen "Amtssprache" Englisch. Als markant erwies sich letztlich die Streuung der Spielstärken: neun Spieler mit Elo über 2500, sechs mit über 2400, fünf über 2300 und sechs über 2200. Aber ein starkes Fundament im Elo-Unterbau: 34 Spieler über 2100 und 30 Spieler über 2000. Nichtsdestoweniger hatte nicht alle Favoriten ein leichtes Leben - und den Vorjahressieger erwischte es am härtesten.

 

Leipzig bootet Leipzig aus

   Das Scheitern der Titelverteidigung von Alexander Graf gestaltete sich zu einer innerstädtischen Angelegenheit. Erst kickte FM Roland Voigt (2371) die deutsche Nummer eins aus dem Knockout-Wettbewerb, dann knüpfte der Neu-Leipziger FM Norman Thielsch dem Wahl-Leipziger usbekischer Herkunft einen halben Punkt ab, womit dessen Chancen auf Platz drei in der Gesamtwertung schwanden. In der vorletzten Runde überzog der Porzer Bundesligaspieler gegen den Stuttgarter FM Mathias Holzhäuer (2372) schließlich eine remisträchtige Stellung.

 

Alexander Graf

Titelverteidiger Alexander Graf bereitete der Ansturm des Mittelbaus besonders viel Kopfzerbrechen: Mit zwei Niederlagen und einem Remis schwanden die Chancen der deutschen Nummer eins schon ab Runde vier.

 

   Die Hoffnung eines erneuten Eintrags in die Siegerliste endete bereits in der vierten Runde, als der 23-jährige Mathematikstudent Voigt in der Begegnung mit langer Bedenkzeit den nach taktischen Verwicklungen strebenden, einzigen Teilnehmer mit über 2600 Elo auskonterte. Der Zweitligaspieler von SC Leipzig-Gohlis ist für seinen unkonventionellen Stil bekannt. Mit Zeitvorteil verwertete er die gekippte Stellung problemlos.

 

Roland Voigt

Verwicklungen besser durchschaut: FM Roland Voigt beendete Grafs Träume von der Titelverteidigung.

 










Voigt,R (2371) - Graf,A (2661)
Dresden (ZMD-Open), 2004
Sizilianisch [B22]

1.e4 c5 2.c3 d5 3.exd5 Dxd5 4.d4 Sf6 5.Sf3 e6 6.Sa3 a6 7.Sc4 Sbd7 8.Se3 Dc6 9.Le2 Le7 10.0-0 0-0 11.a4 cxd4 12.Sxd4 Dc7 13.Dc2 g6 14.Td1 Te8 15.b4 b6 16.Db3 Lb7 17.Lb2 Ld6 18.h3 Lh2+ 19.Kf1 Lf4 20.c4 e5 21.Sdc2 a5 22.Sd5 Lxd5 23.cxd5 Se4 24.d6 Sxd6 25.Se3 Lxe3 26.Dxe3 axb4 [ Nach dem Textzug kommen Grafs Figuren in der c- und d-Linie in Bedrängnis. Besser war 26...Sf5 27.Dc1 Db7 ( Nach 27...Dxc1 28.Taxc1 Sf8 29.Lb5 spielen die weißen Figuren trotz Minusbauer besser zusammen.) 28.Lb5 Tad8 29.Dc6 , obwohl das Läuferpaar Weiß - selbst bei Damentausch - volle Kompensation bietet, z.B. mit 29...Dxc6 30.Lxc6 Sd4 31.Lxd4 exd4 32.Txd4 Se5 .] 27.Tac1 Sc5 28.Lxe5 Db7 Spielt Vabanque, denn [ 28...Te6 29.Df4 Td8 30.Lc4 Txe5 31.Dxe5 kostet ohne Perspektive die Qualität. Der Rest erledigt sich angesichts der schwachen Felder um den schwarzen König schnell.] 29.Txd6 Txa4 30.Dh6 Se6 31.Lb5 Ta5 32.Lxe8 Txe5 33.Lxf7+ Kxf7 34.Dxh7+ Sg7 35.Dxg6+ Kf8 1-0

 

   Nach einem leichten Sieg gegen Dr. Claus Bauer (2196) bekam es die deutsche Nummer eins erneut mit einem Spieler aus dem Mittelbau zu tun. Der Berliner Thielsch (2337), der erst im Vormonat mit seiner Freundin Anne Czäczine zusammen nach Leipzig zog (wo die vor Turnierbeginn als "beste Nachwuchsspielerin 2003" geehrte FIM ab dem Wintersemester Medizin studiert), wählte eine angrifflustige Variante mit g2-g4-Keil in der Slawischen Eröffnung des Damengambits. Überrascht zeigte er sich, wie schnell Graf diesmal in der ganzen Partie zog - fast als ob er sich vor einem erneuten Fiasko in Zeitbedrängnis fürchtete. Dennoch ist es gegen einen subtil agierenden Spieler von diesem Schlage immer eine Leistung, sich durch taktische und strategische Feinheiten zu finden.

 

Norman Thielsch

Gut gegengehalten: FM Norman Thielsch rang der deutschen Nummer eins einen halben Punkt ab.

 










Thielsch,N (2337) - Graf,A (2661)
Dresden (ZMD-Open), 2004
Damengambit [D45]
[Analyse Norman Thielsch]

1.d4 Sf6 2.Sf3 d5 Ein Blick in die Datenbank hat mich Damenindisch erwarten lassen. Soviel zu meiner Vorbereitung! 3.c4 e6 4.Sc3 c6 5.e3 Sbd7 6.Dc2 Ld6 7.g4 Erst als Kasparow diesen Zug anwandte, habe ich den Schabalow-Angriff aufgeschnappt. 7...Sxg4 8.Tg1 Sh6 9.e4 [ Der g7-Bauer ist vergiftet, denn 9.Txg7?? Df6 10.Txh7 Txh7 11.Dxh7 Sf8 kostet Springer auf f3.] 9...dxe4 10.Sxe4 Lb4+ 11.Ld2 Lxd2+ 12.Dxd2 Sf5 13.0-0-0 Sf8 Hier spielte bisher alle Welt den Springer nach f6. 14.h4 Sg6 [ Die weißen Angriffschancen sind gut, wenn Schwarz noch den h-Bauern will: 14...Sxh4 15.Sxh4 Dxh4 16.Sd6+ Ke7 17.c5 ( 17.d5 cxd5 18.cxd5 e5 ; 17.Sxc8+ Txc8 18.Db4+ Kd8 19.Dxb7 ; Vorsicht mit 17.Db4?? Df4+ ) ] 15.h5 Sgh4 16.Df4 Sxf3 [ 16...-- Schwarz muss nehmen, da die Idee 17.Sxh4 Dxh4 18.Sd6+ Kf8 19.De5 ins Verderben führt.] 17.Dxf3 0-0 18.Lh3 f6 [ Der Zug überraschte mich, aber 18...Sxd4 scheint nicht ratsam: 19.h6!? ( 19.Dg4 bietet ebenfalls gute Chancen. 19...g6 20.hxg6 fxg6 21.Dh5 mit Angriff.; Mit 19.De3 läßt sich Remis forcieren. 19...e5 20.Txd4 Dxd4 21.Txg7+ Kxg7 22.Dg5+ ) 19...g6 ( 19...Sxf3? 20.Txg7+ Kh8 21.Txd8 Txd8 22.Sf6 nebst Matt.) 20.Dh5 stellt Schwarz vor das Problem, De5 parieren zu müssen.] 19.Df4? [ Nach der Partie schlug Graf 19.Lxf5! exf5 20.Dg3 De7 21.Sd6 mit positionellem Vorteil für Weiß vor.] 19...Sxd4 20.Sxf6+ Dxf6 [ Zur Partiefortsetzung führt auch 20...Txf6 21.Txd4 ] 21.Dxf6 [ Nicht aber 21.Dxd4? Dxd4 22.Txd4 e5 ] 21...Txf6 22.Txd4 e5 [ Trotz zwei Bauern weniger hält Weiß den schwarzen Damenflügel unter Kontrolle mit 22...Txf2 23.h6 g6 24.Td8+ Tf8 25.Tgd1 ( während 25.Txg6+ hxg6 26.h7+ Kxh7 27.Txf8 Kg7 28.Td8 Kf7 29.c5 nicht ganz so klar ist.) ] 23.Td8+ Tf8 24.Txc8 Tfxc8 25.Lxc8 Txc8 26.h6 g6 27.Td1 Tc7 28.Td8+ Kf7 29.Kd2 Kf6 30.Tg8! Die Verteidigungsidee, die Weiß rettet. 30...Td7+ [ Nach 30...Kg5? 31.Tg7 ist Weiß schon im Vorteil.] 31.Ke3 a5 32.b3 Ke6 33.Ta8 Kf5 34.Txa5 g5 35.Ta8 Kg6 36.Te8 Kxh6 37.Txe5 Kh5 38.b4 Kg4 39.b5 cxb5 40.cxb5 h5 41.f3+ Kh4 42.a4 b6?! [ Graf spielte diesen Zug - wie überhaupt das ganze Endspiel - ziemlich zügig, um nicht oberflächlich zu sagen. Vielleicht drückte das Ausscheiden aus dem K.o.-Wettbewerb noch immer seine Stimmung. Die kritische Variante ist 42...g4 43.fxg4 hxg4 ( 43...Kxg4 44.a5 h4 45.Kf2 ) 44.a5 Tf7!? ( 44...g3 45.Kf3 Td2 46.Te2= ; 44...Tg7 45.Kf2= ) 45.a6 bxa6 46.bxa6 g3 47.Te6 g2 48.Tg6 Kh3 49.Ke2 Kh2 50.Th6+ Kg1 51.Ke1 Te7+ 52.Kd2 , und Schwarz vermag keine Fortschritte zu machen.] 43.Te6 Ta7 44.Txb6 Txa4 45.Td6 Ta3+ 46.Td3 Ta8 47.Tb3 Kg3 48.Ke4 h4 49.f4+ Kg4 50.fxg5 h3 51.Kd5 h2 52.Tb1 Tg8 53.Th1 Txg5+ 54.Kc6 Kh3 55.b6 Tg1 56.Txh2+ Kxh2 1/2-1/2

 

Haudegen hält Lokalpatrioten in Atem

   Während einige Topgesetzte sich mühten - der spätere Sieger Erenburg streute gegen Spieler mit bis zu über 300 Wertungspunkten weniger in den Runden drei, vier und sechs Remis ein - fieberte vor allem die lokale Schachszene mit einer deutsche Schachkoryphäe. Kurz vor Vollendung seines siebten Lebensjahrzehnts zeigte Wolfgang Uhlmann glänzende Steherqualitäten. Ein Alterserfolg in seiner Heimatstadt wäre eine richtige Überraschung. Nachdem der momentan mit 2413 Elo eingestufte Großmeister bereits gegen IM Alexander Elfert (2095) und Martin Krockenberger (2269) in die Schnellschachentscheidung musste, überwandt er in 25-Minuten-Partien auch die beiden in der 80er Jahren in der DDR "schachsozialisierten" Großmeister Thomas Luther und Henrik Teske. Noch Tage später schwärmten viele von der französischen Modellpartie gegen Luther, die aber nicht rekonstruiert werden konnte, da die Schnellschachverlängerungen unmittelbar nach dem Remis mit normalen Brettern gespielt wurden. Im kommenden Jahr soll es in den frühen Abendstunden eine zentrale Tie-Break-Runde geben, die gewiss ein Zuschauerattraktion wird. Die Entscheidung gegen Teske ist überliefert, da der mit dem Siegerpreis des Weinopens in Naujac sur Mer (78 Flaschen französischen Rotwein als Gepäck im Zug!) angereiste gebürtige Thüringer mitschrieb. Es entwickelte sich ein pragmatisches Figurengeschiebe, bis eine Unachtsamkeit die weiße Dame einsickern ließ. Uhlmann hatte erneut ein ungewöhnliches Erfolgskonzept parat, welches "zu wenig Erfahrung" hieß - nicht auf dem Brett, aber mit der Uhr: "Das Schnellschach bin ich nicht so gewohnt. Deshalb spielte ich meist schnell", resümiert die Schachlegende. Dies irritierte seine Gegner sichtlich, zumal Uhlmann selbst mit ausreichend eigenen Zeitreserven angesichts der heruntertickenden Uhr gegenüber seinen Rhythmus beibehielt. Ganz behagte ihm das neue, nervenaufreibende Arrangement nicht, aber der 69-Jährige räumte ein, "dass es für die Medien natürlich attraktiv ist."

 

Wolfgang Uhlmann

Der Altmeister schlug eine scharfe Klinge: Wolfgang Uhlmann.

 










Uhlmann,W (2413) - Teske,H (2542)
Dresden (ZMD-Open), 2004
Englisch [A11]

1.c4 c6 2.Sc3 d5 3.e3 Sf6 4.Sf3 g6 5.b3 Lg7 6.Lb2 0-0 7.Le2 Lg4 8.0-0 Sbd7 9.d4 Te8 10.Tc1 e6 11.Te1 Tc8 12.Sd2 Lxe2 13.Dxe2 e5 14.dxe5 Sxe5 15.Ted1 Da5 16.a3 Da6 17.Sa4 b6 18.Df1 Db7 19.h3 c5 20.Lxe5 Txe5 21.cxd5 Txd5 22.Sc3 Td7 23.Sc4 Tcd8 24.Txd7 Txd7 25.Td1 h5 26.Td3 Kf8 27.a4 Sd5 28.Sxd5 Txd5 29.Dd1 Txd3 30.Dxd3 Dc7 31.Dd5 Ke7 32.De4+ Kf8 33.Kf1 Dd7 34.Ke2 Lf6 35.f4 Kg7 36.Dd3 Dc6 37.Kf2 Lh4+ 38.Kf1 Lf6 39.Sd2 De6 40.Ke2 Kf8 41.De4 Dd7 42.Sc4 Kg7 43.Dd3 Dc6 44.Kf1 De6 45.Sd6 Ld4 46.Sc4 [ Zerstören der Bauernstruktur bringt mit 46.Sf5+ gxf5 47.exd4 De4 48.Dg3+ Kf8 49.dxc5 bxc5 Remisbreite.] 46...Lf6 47.Kf2 Lh4+ 48.Kf3 Lf6 Besser war, mit Le7 der weißen Dame den Zutritt nach d6 zu verwehren. 49.Dd6 Dc8 [ Damentausch verbietet sich, weil der Springer den Läufer dominiert. 49...Dxd6 50.Sxd6 Ld8 51.Ke4 und Einbruch auf den weißen Feldern.] 50.Dd5 Kf8 Übersieht in Zeitnot das Damenopfer mit Springergabel, was die Partie sofort entscheidet. 51.Dxf7+ Kxf7 52.Sd6+ Ke6 53.Sxc8 Kd5 54.Sxa7 c4 55.e4+ Kc5 56.bxc4 Kxc4 57.e5 Ld8 58.Sc6 1-0

   Eine Runde später beendete Erenburg die Hoffnungen auf einen Heimsieg, denn nach vielversprechender Eröffnung genügte ein unvorsichtiger Bauernzug, um den Israeli zum entscheidendem Angriff einzuladen. Mit einem Remis gegen Markowski und einer Niederlage gegen Gershon reichten Uhlmann die sechs vollen Punkte aus den Matchrunden für Platz 12. Auch andere Vertreter der sächsischen Landeshauptstadt sorgten für Aufmerksamkeit - allen voran das weibliche Kontingent.

 

Girls, Girls, Girls

   "Girls, Girls, Girls", trällerte in den 70er Jahren die Popband "Sailors". Von der internationalen Karawane im Frauenschach ging diesmal aber keine in Dresden vor Anker (mit 21 Teilnehmerinnen lag der Frauenanteil prozentual nur geringfügig unter dem Vorjahr), so dass sich das mediale Interesse auf die lokalen Aushängeschilder kaprizierte: das Covergirl, das Marathon-Girl und das 300-plus-Girl.

   Tina Mietzner schmückte diesmal - nach Elena Winkelmann und Elisabeth Pähtz - das Turnierplakat und die Turnierbroschüre. Allerdings lancierten Presseberichte die Jura-Studentin im dritten Semester zwanghaft in die Rolle einer "angehenden Zivilrichterin" und verstiegen sich gar zu der Überschrift "Richterin und Covergirl". Warten Schachfans wirklich auf solche hintergründigen Meldungen? Reicht couragiertes Offensivschach nicht, um den Schachlaien für das königliche Spiel zu interessieren? Es gereicht der erstmals in das Olympiadeteam berufenden FIM zur Ehre, dass sie eine Verlustpartie kommentiert, die eine Idee des Angriffskünstlers Alexei Shirov auf den Prüfstand stellte (wieder ist g2-g4 das Thema).

 

Tina Mietzner

Covergirl in Aktion: Die designierte Olympionikin Tina Mietzner versuchte, nicht nur gegen Shirows Eröffnungsidee eine gute Figur zu machen.

 










Boguslavskyy,O (2377) - Mietzner,T (2242)
Dresden (ZMD-Open), 2004
Philidor-Verteidigung [C41]
[Analyse von Tina Mietzner]

1.e4 d6 2.d4 Sf6 3.Sc3 Sbd7 4.Sf3 e5 5.g4 Dieses Bauernopfer stammt von Shirov. Es ist eine interessante Alternative zu den komplizierten, geschlossenen Philidorvarianten. 5...Sxg4 [ Schwarz kann, sofern er sich in Opferstimmung befindet, allerdings auch selbst die Initiative an sich reißen: 5...exd4!? 6.Sxd4 Sc5 7.f3 Sxg4 8.fxg4 Dh4+ 9.Kd2 Dg5+ 10.Ke2 Lxg4+ 11.Sf3 Dh5 12.Lg2 0-0-0 mit ungeklärter Stellung.] 6.Tg1 Sgf6 7.Lc4 h6 8.Le3 c6 9.De2 Shirov spielte an dieser Stelle: [ 9.Dd3 Dc7 10.0-0-0 b5 11.Lxb5 cxb5 12.dxe5 dxe5 13.Sxb5 Da5 14.Dc4 Tb8 15.a4 Db4 16.Sxe5 Dxc4 17.Sxc4 a6 18.Sbd6+ Lxd6 19.Sxd6+ Kf8 20.f4 Lb7 21.e5 Se8 22.Sxe8 Kxe8 23.Txg7 Lc8 24.Td6 Kf8 25.Tg1 Tg8 26.Txg8+ Kxg8 27.Txh6 Shirov- Azmaiparashvili, Plovdiv (Mannschaftseuropameisterschaft) 2003 ] 9...b5! Der Läufer muss sofort zurückgedrängt werden. Grob fahrlässig wäre erst [ 9...Dc7 10.0-0-0 b5 was in der Stammpartie geschah. Wir haben ja 11.Lxb5! gesehen.] 10.Lb3 a5 [ 10...Dc7 ist nach meiner Ansicht Zugumstellung, da Weiß keine ernsthafte Alternative zur 0-0-0 hat. 11.0-0-0 a5 siehe Partie ( Interessant erscheint 11...b4 12.Sa4 Sxe4 13.Lf4 exf4 14.Dxe4+ Kd8 15.Dxf4 ) ] 11.0-0-0 Dc7 [ Eine extrem scharfe Fortsetzung wäre 11...a4 gewesen 12.Lxf7+ Kxf7 13.dxe5 dxe5 14.Sxe5+ Kg8 ( 14...Ke8?? 15.Sxd7 Lxd7 16.e5 Sd5 17.Dh5+ Ke7 18.Sxd5+ cxd5 19.Lc5+ Ke6 20.Tg6+ gewinnt) 15.Sxc6 Dc7 16.Dxb5 La6 17.Dxa4 Lb7 , was m. E. Schwarz aber nicht nötig hat.] 12.a4 b4 13.Lxf7+ [ Auf 13.Sa2 La6 14.Lc4 Lxc4 15.Dxc4 Sb6 16.Dd3 Sxa4 zeigt sich, dass Weiß nach 12...b4 auf keinen Fall ruhig weiterspielen kann. Opfert Weiß nicht auf f7, steht er klar schlechter. 5.g4 zieht also ein Figurenopfer mit sich, will man um Kompensation kämpfen.] 13...Kxf7 14.Dc4+ d5! [ Es gab zwei Alternativen, die aber nicht überzeugen: Einerseits 14...Ke7?! 15.dxe5 ( Ins Leere läuft 15.Sb5? Db8 16.Sh4 cxb5 17.Sg6+ Kd8 ) 15...dxe5 ( Nicht 15...Sxe5 16.Sxe5 dxe5 17.Sb5 Db8 18.Txg7+ Lxg7 19.Lc5+ Ke8 20.Sd6+ ) 16.Sd5+ Sxd5 17.exd5 La6 18.Dh4+ Kf7 19.Dh5+ Kg8 20.Dg6 und Dauerschach; Oder andererseits 14...Ke8?! 15.Sb5 ( Vorsicht vor 15.De6+? Kd8 16.dxe5 bxc3 ) 15...Db8 16.Dxc6 Lb7 17.Dc4 d5 18.exd5 Sb6 19.Sc7+ Kd7 20.Db5+ Kxc7 21.d6+ Kc8 22.dxe5 mit Angriff.] 15.exd5?! [ Vielleicht spielt man künftig 15.Sxd5!? Sxd5 16.exd5 Sb6 17.Dxc6 Dxc6 18.Sxe5+ Ke8 19.dxc6 Le6 und die Praxis wird zeigen, wer besser steht.] 15...Sb6 16.Db3 Sfxd5 [ Eine gute Alternative ist 16...Sbxd5 17.Sxd5 Sxd5 18.Sxe5+ Kg8 19.Sg6 Th7 und Weiß muss beweisen, ob es reicht.] 17.Sxd5? Weiß tauscht wichtige Angriffsfiguren ab, was nicht im Sinne eines Figurenopfers sein kann [ Besser ist 17.Sxe5+ Kg8 18.Se4 De7 19.Tg6 Kh7 mit wilden Verwicklungen.] 17...cxd5 18.dxe5 Sc4 19.Txd5 Le6 20.Dd3 Sxe3 21.fxe3 g5? Ein schwerer Fehler. Ich hätte besser meinen König in Sicherheit bringen sollen als den Flügel zu lockern. [ Viel sicherer war 21...Kg8! 22.Sh4 Dc6 , denn Weiß kann die Stellung nicht mehr verstärken] 22.Sh4 Tg8 [ 22...gxh4?? ist zwangsläufig Matt: 23.Dg6+ Ke7 24.Df6+ Ke8 25.Dxe6+ Le7 26.Dg6+ Kf8 27.Tf1+ Lf6 28.Txf6+ Ke7 29.Df7# ] 23.Tf1+ Ke8 [ Auf den ersten Blick seltsam sieht 23...Kg7!? aus, aber wahrscheinlich ist es besser als meine Partiefortsetzung: 24.Dg6+ Kh8 25.Txf8 ( Nach 25.Dxe6 gxh4 26.Tf7 Tg1+ 27.Td1 Txd1+ 28.Kxd1 Dd8+ kämpft Schwarz) 25...Tgxf8 26.Dxh6+ Dh7 27.Sg6+ Kg8 28.Dxh7+ Kxh7 29.Sxf8+ Txf8 30.Txa5 mit unklarer Stellung.] 24.Sf5?! ist nicht nachhaltig genug. Besser wäre [ 24.Tf6!? gewesen 24...Lxd5 ( nicht 24...Lc8? 25.Sg6+/- ; 24...Dc6? 25.Td6+/- ) 25.Dxd5 Tc8 26.De6+ Kd8 27.Tf2 Dh7 28.Dd5+ Ke8 29.Td2 gxh4 30.Db5+ Kf7 31.Td7+ Le7 32.Txe7+ Kxe7 33.Db7+ Ke6 34.Dxh7 Tg1+ 35.Kd2 Tg2+ 36.Kd3 Tcxc2 37.Dxh6+ Kxe5 38.Dh5+ Kd6 39.b3 mit schwierig abzuschätzendem Endspiel.] 24...Tc8 25.Db5+ Ld7 26.De2 Dc4 27.Td3? [ Nach 27.Dh5+!? Kd8 28.Dd1 Dc6 29.Dd3 Kc7 ist alles offen.] 27...Lxf5 28.Txf5 g4 29.Tf4 De6 [ Vorzuziehen war 29...Dc6 .] 30.Tdd4 h5? Hier beginnt die Zeitnotphase. Korrekt war [ 30...Le7! 31.Db5+ Dc6 32.Txg4 Txg4 33.Dxc6+ Txc6 34.Txg4 Te6 und Schwarz rappelt sich auf.] 31.Tf6 Dxe5 32.Tff4? Mein Gegner blitzte mit, obwohl er dies gar nicht nötig hatte. Und das mehr schlecht als recht! [ 32.Da6! Dxe3+ 33.Td2 De1+ 34.Td1 Txc2+ 35.Kxc2 b3+ 36.Kc1 De3+ 37.Kb1 De4+ 38.Dd3 Dxd3+ 39.Txd3 und Weiß kann nicht klagen.] 32...Le7 33.Da6 Dc5 34.Td2?? [ Einfach gewann 34.Tc4! Dxe3+ 35.Kb1 Dg1+ ( 35...Txc4 36.Db5+ Kd8 37.Dd5+ ) 36.Ka2 ] 34...Dc6 35.Dxa5 Lc5 36.Tfd4 Lxd4 37.exd4 Dh1+ [ Nichts sprach gegen 37...Kd7 ] 38.Td1 Dxh2??(+) Dafür gibt es keine Worte...In Zeitnot kann man jede Gewinnstellung noch verlieren. [ Korrekt war 38...De4 ] 39.Te1+ Kd7 40.Df5+ Kc6 41.Te6+ Dd6 42.Dc5+ Auch wenn die Partie verloren ging, bin ich der Meinung, dass 5.g4 nicht genügend Kompensationen für Weiß bietet. Ich warte gespannt auf weitere Partien im Shirovgambit, vielleicht sogar vom Meister selbst?! 1-0

   Neben der 20-Jährigen fiel besonders die stete Entwicklung zweier junger Spielerinnen auf: Winkelmann ist nicht mehr das auch durch den Turniersaal flitzende Mädchen des letzten Jahres, sondern verharrt mit Anspannung bis zu sechs Stunden lang auf ihrem zusätzlichen Sitzkisten und kniet sich sichtlich zur Freunde der zahlreichen Kiebitze in finale Partiephasen. Hinter Mietzner, Czäczine, Anne-Luise Heymann-Lobzhanidze und Claudia Meißner kam die 13-Jährige gleichfalls mit 5,5 Punkten ein. Ihr Weg in die deutsche Frauenspitze scheint ernsthaft vorgezeichnet - zumal als Mitglied der weiblichen Juniorinnennationalmannschaft, die aufgebaut wird, falls Dresden die Olympiade bekommt.

 

Elena Winkelmann

Eine deutsche Nachwuchshoffnung: Elena Winkelmann.

 

   Eine ungewöhnliche Ehrung für gleichaltrige Nicole Lorenz beim Auftaktempfang kann ebenfalls allen Nachwuchsspielerinnen Mut machen. Innerhalb eines Jahres steigerte die Schülerin des Dresdner Sportgymnasiums ihre DWZ um 313 Punkte auf 1589! Seit zwei Jahren ist sie dort unter Anleitung von Miroslav Shvartz in einer Schachgruppe mit dem bekannten, elfjährigen Talent Felix Graf (heuer 4,5 Punkte) und dem aufstrebenden 15-jährigen Lukas Böttger, der dieses ZMD-Open mit 5,5 Punkten und einem DWZ-Plus von 100 Punkten abschloss! Wöchentlich vier Stunden systematisches Training in der Schule und drei bis fünf freiwillige Stunden daheim zeitigen Erfolg. Stolz erzählt die Spielerin des USC TU Dresden, dass sie Jonathan Rowsons anspruchsvolles "Die sieben Todsünden des Schachspielers" durchgearbeitet und eine Vorliebe für das Prinzip "mit seinen Figuren sprechen" hat. Diesmal reichte es - erstmals gegen mehrere Spieler mit Elo-Zahl - zu 3,5 Punkten. Von sich reden machte in der zweiten Turnierhälfte ein Großmeister, den anfangs die wenigsten auf der Rechnung hatten.

 

Nicole Lorenz

Mit ihren Figuren sprechen liebt Nicole Lorenz.

 

Schnellschachspezialist holt seine größte Beute

   Dem Showdown näherten sich die beiden Finalisten auf unterschiedliche Wiese. Während Erenburg sich durch drei Tie-Breaks hangelte und nach eigenen Angaben gegen FM Frank Sawatzki aus verdächtiger Stellung ein Remis rettete, machte Slobodjan sieben Mal kurzen Prozess: die prominentesten Opfer vor dem Finale hießen Glek und Markowski. Eine Elo-Performance von über 3000 ergab dies. Doch die erste Finalpartie hielt der israelische Soldat, der Ende August seinen Militärdienst in einer Sportfördergruppe beendet, mit seinem heißgeliebten halboffenen Zug 1...c6 nach nur 16 Zügen remis. "Die Caro-Kann Spezialisten Alexei Drejew und Anatoli Karpow sind meine Vorbilder," meinte der in Sibirien geborene 21-Jährige, der als 15-Jähriger emigrierte. Auch die zweite Partie erreichte ohne Sieger nur zwei Uhrenumdrehungen. Nach zwei Stunden Pause konnte - weil alle sechs Spitzenbretter mit der vierten Stunde beendet waren - das elektronische Brett-Uhr-System neu programmiert werden, eine wachsende Traube von Schachfans drängte - wie oft bei diesem Schachfestival - an das Brett und auch via Internet konnte ein zähes Ringen verfolgt werden. Der deutsche Jugendweltmeister von 1995 sah sich erneut mit der Spanischen Abtauschvariante konfrontiert - aber lange Zeit blieb alles in Remisbreite. Nach und nach landete man in einem Doppelturmendspiel, wobei Slobodjan - mit dem in der Mitte hängen gebliebenen König - im 32. Zug eine verhängnisvolle Entscheidung fällte.

 

Schnellschach-Tie-Break: Roman Slobodjan, Sergei Erenburg

Letztmals alle Energie gebündelt: Roman Slobodjan (links) ließ sich im Schnellschach-Tie-Break gegen Sergei Erenburg erneut auf die Spanische Abtauschvariante ein.

 










Erenburg,S (2533) - Slobodjan,R (2522)
Dresden (ZMD-Open), 2004
Spanisch [C69]

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.Lxc6 dxc6 5.0-0 f6 6.d4 exd4 7.Sxd4 c5 8.Se2 Dxd1 9.Txd1 Le6 [ Die zweite Finalpartie entwickelt sich mit gleichen Farben alternativ 9...Ld7 10.Le3 0-0-0 11.Sbc3 b6 12.Td2 Te8 13.Tad1 Lc6 14.f3 Se7 15.Sf4 Sg6 16.Sxg6 hxg6 17.Lf4 g5 18.Lg3 Le7 19.Sd5 Ld8 20.h3 Thf8 21.c4 Tf7 22.b3 Ld7 23.a4 Le6 24.Se3 Td7 25.Txd7 1/2-1/2 Erenburg-Slobodjan. ] 10.Lf4 Tc8 11.Sbc3 Se7 12.Lg3 Sg6 13.Sd5 Ld6 14.Lxd6 cxd6 15.Sdf4 Sxf4 16.Sxf4 Ke7 17.Sxe6 Kxe6 18.Td5 Tc6 19.Tad1 Thc8 20.T1d2 Tb6 21.c3 Tcc6 22.f3 Tb5 23.f4 a5 24.Te2 a4 25.a3 Tb3 26.g4 b5 27.Tc2 Tb6 28.Kf1 b4 29.cxb4 cxb4 30.f5+ Kd7 31.Ta5 bxa3 32.bxa3 Tb7 [ Die Balance hält einfacher 32...Txa3 33.Ta7+ Kd8 34.Txg7 Tb1+ 35.Kg2 Te3 ] 33.Txa4 h5 34.gxh5 Th3 35.Ta6 Txh5 36.Td2 Ke7 37.Taxd6 Th3 38.T6d3 Th4 39.Te3 Ta7 40.Kg2 Ta4 41.Tg3 Thxe4 42.Txg7+ Kf8 43.Th7 Kg8 44.Tb7 Te8 45.Td3 Ta5 46.Tg3+ Kf8 47.Th3 Kg8 48.Tf3 Tee5 49.Tb8+ Kf7 50.Tb7+ Kg8 51.Kg3 Txf5 52.Txf5 Txf5 53.Ta7 Tc5 54.a4 Tc4 55.a5 Ta4 56.h4 f5 57.a6 Kh8 58.h5 Kg8 59.Kf3 Kh8 60.h6 f4 61.Kg4 f3+ 62.Kxf3 Ta1 63.Ke4 Ta2 64.Kd5 Ta1 65.Kc6 Tc1+ 66.Kb7 Tb1+ 67.Kc8 Ta1 68.Ta8 Kh7 69.Kb7 Tb1+ 70.Ka7 Tf1 71.Tb8 Tf6 72.Tb6 Tf8 73.Kb7 Tf7+ 74.Ka8 Tf8+ 75.Tb8 Tf1 76.a7 1-0

 

   "Dies ist mein größter Turniererfolg - sowohl sportlich wie auch finanziell", bilanzierte die sichtlich entspannte Nr. 15 der israelischen Rangliste hinterher. Auf Dresden hatte ihn Landsmann Gershon aufmerksam gemacht, mit dem er vom Open in Andorra anreiste und der auch der Begleiter zur nächsten Station, dem griechischen Open in Kavala, sein wird. Gershon sekundierte im Frühjahr seiner ukrainischen Freundin Natalia Zhukova bei der Dresdner Frauen-EM und schätzte nicht nur die ausgezeichneten Spielbedingungen. Auch Erenburg gefiel es vor Ort - besonders die imposante Architektur, die nach der Fertigstellung der Frauenkirche eine noch prägnantere Stadtsilhouette im Canaletto-Stil abbildet. Seit 2003 besitzt das Mitglied des bekannten Schachclubs von Beer-Sheva den Großmeistertitel. Die nächste Zeit möchte sich der Fußballfans und Liebhaber historischer Literatur weiterhin als Profi-Spieler versuchen - mit dem Wunsch, dass viele Abschlusstabellen der folgenden ähneln.

 

Spitzenstand ZMD-Open Dresden 2004

1.

Sergei Erenburg

ISL 9,0*

2.

Roman Slobodjan

GER 8,0*

3.

Tomasz Markowski

POL 7,5

4.

Igor Glek

GER 7,5

5.

Alik Gershon

ISL 7,5

6.

Thomas Luther

GER 7,0

7.

Robert Fontaine

FRA 7,0

8.

Henrik Teske

GER 7,0

9.

Volker Seifert

GER 7,0

10.

Davit Lobzhanidze

GEO 7,0

11.

Ludger Körholz

GER 7,0

(255 Teilnehmer)

* Die beiden Finalisten werden, unabhängig von den
Resultaten der Normalpartien (es zählen die Matchgewinne),
an die Spitze platziert.

 

Sieger und Organisatoren des ZMD-Open 2004

Wenn alles getan ist - Sieger und Organisatoren des ZMD-Open 2004: (von links) Hauptorganisator Dr. Dirk Jordan, Turnierleiter Frank Schulze (halb verdeckt), Volker Seifert, Robert Fontaine, Roman Slobodjan, Thomas Luther, Sergei Erenburg, Schiedsrichter Egmont Pönsch, Henrik Teske, Tomasz Markowski, Ludger Körholz, Alik Gershon, Igor Glek, ZMD-Vorstandsmitglied Dr. Karl-Heinz Stegemann, Davit Lobzhanidze und Wolfgang Uhlmann.

 

   Leider konnte heuer niemand eine Norm mitnehmen. Sieben ausländische Titelträger aus sechs Nationen ist - selbst wenn man bloß den Vergleich zu deutschen Open heranzieht - einfach zu wenig, um Titelträume wahr werden zu lassen. Und dies bekam mit FM Volker Seifert ausgerechnet ein Dresdner Talent zu spüren. Obwohl er in der Schussrunde GM Lev Gutman schlug und insgesamt gegen drei Großmeister antrat, reichte es - u.a. wegen der fehlenden drei Nationen - nicht zur letzten IM-Norm. Für zu viele Europäer ist Dresden im Juli immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte - nur 21 Starter kamen aus dem Ausland! Mehr englischsprachige Informationen, die bei anderen deutschen Turnieren im Vorfeld und während des Turniers üblich sind, können hier Abhilfe schaffen. Nach dem erhofften Olympiadezuschlag wird in diesem Bereich ohnehin zugelegt werden müssen.

 

Volker Seifert

IM-Norm trotz drei GMs verpasst: FM Volker Seifert.

 

   Es bleibt zu hoffen, dass im Zuge dieser Bewerbung verstärkt internationale Aufmerksamkeit auf die Elb-Metropole fällt, damit Spitzenspieler aus vielen Ländern den Weg in die schachfreundliche Stadt finden. Der neue Modus und die bewährte Organisation haben überzeugt, so dass noch mehr Schach vom Feinsten geboten werden kann. Für den Terminkalender zum Vormerken: Das 14. ZMD-Open startet vom 21. bis 31. Juli 2005 an gleicher Stelle ...

 

 

(erschien zuerst in Schachmagazin 64, Nr. 15 / 2004; S. 407-410)


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