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Glorreiche Zeiten widergespiegelt

Baden-Baden 1925 besitzt historische Bedeutung

von Hartmut Metz

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   „Wenn es einen Wettbewerb gibt, der voll und ganz das Flair und die Spannung der glorreichen Zeiten des Hypermodernen Schachs widerspiegelt - dann muss das das Turnier in Baden-Baden 1925 sein", befindet Jimmy Adams. Vor 75 Jahren trafen sich bis auf Ex-Weltmeister Emanuel Lasker, sein Nachfolger José Raoul Capablanca und der spätere Champion Max Euwe nahezu alle Spieler mit Rang und Namen. Wie beim ersten legendären Turnier 1870 - damals siegte Adolf Anderssen - schrieb die Kurstadt auch 1925 Schach-Geschichte. Mit dieser wird sich die BT-Schachspalte die nächsten Wochen befassen und beeindruckende Partien aus dieser glanzvollen Veranstaltung veröffentlichen. Das Archiv-Material zu dem Turnier vom 15. April bis 14. Mai ist umfangreich. In der Schach-Datenbank Chessbase finden sich alle 210 Partien, zudem wurden mehrere Bücher über Baden-Baden 1925 verfasst.

   Das schönste dürfte jenes 1991 bei Caissa Editions (USA) publizierte Werk sein, das zahlreiche Quellen sammelte. Überdies fügte Autor Jimmy Adams Analysen der damaligen Meister bei. Diese erschienen 1927 in der Sowjetunion in einem vorzüglichen Buch und wurden dabei ergänzt durch Anmerkungen dortiger Meister. Der „Praeceptor Germaniae" (Lehrmeister Deutschlands) und Turnier-Initiator Dr. Siegbert Tarrasch hatte bereits einen Monat nach Ende des glanzvollen Wettbewerbs einen Band mit sämtlichen Partien herausgebracht. „Die Partien eines so bedeutenden und starken Turniers, wie es das eben beendete ist, nicht gesammelt herauszugeben, hieße eine Unterschlagung begehen. Ich habe aber davon Abstand genommen, die Partien zu glossieren, denn eine ausführliche Glossierung hätte zu viel Zeit gekostet, und eine oberflächliche - besser gar keine!", schrieb Tarrasch in seinem Vorwort drei Tage nach Abschluss des Wettbewerbs. Gleich in der ersten Runde spielte einer der herausragenden Vertreter der Hypermodernen Schule, Aaron Nimzowitsch, eine am Schluss famose Partie.









Stellung nach:

Colle - Nimzowitsch [A80]

1.d4 f5 2.e3 Sf6 3.Ld3 d6 4.Se2 e5 5.c4 c5 6.0-0 Sc6 7.Sbc3 g5 8.dxc5 dxc5 9.Sg3 e4 10.Le2 Ld6 Das Zwischenschach auf h5 fürchtet Schwarz nicht, da der Läufer wegen der Drohung g4 sofort den Rückzug antreten muss. 11.Sb5 Le5 12.Dxd8+ Kxd8 13.Td1+ Ke7 14.Tb1 h5 Weiß versucht am Damenflügel sein Glück, Schwarz rollt auf der anderen Seite heran. 15.Ld2 h4?! Besser gefiel Nimzowitsch später f4 [15...f4 16.Sf1 Lg4 17.Lxg4 hxg4 18.exf4 gxf4 19.Te1 Ke6] 16.Sf1 Le6 17.Lc3 Lxc3 18.Sxc3 Se5 19.b3 Thg8 20.Tb2 f4 21.Sd2 Lf5 22.b4 Sed7 23.exf4 gxf4 24.Te1 Kf8 verhindert den nun folgenden Bauernverlust. 24...Kf7? 25.Scxe4 Sxe4 26.Lh5+ Kg7 27.Sxe4 Bis hierhin sieht alles blendend aus für Weiß. 27...Kh6! Bereitet ein interessantes Rettungsmanöver vor, das die Partie zu einer der schönsten des gesamten Turniers werden lässt", kommentiert Nimzowitsch. 28.Lf7 f3!! 29.Lxg8 Txg8 30.Sd6 30.g3 verliert den Springer wegen Te8. 30...Txg2+ 31.Kh1 Lh3 32.Tg1? [Schwarz empfiehlt stattdessen seinem Kontrahenten, sich mittels 32.Sf7+ Kg7 33.Se5 Tg5 34.Sxd7 Lg2+ 35.Kg1 Lh3+ ins Dauerschach zu fügen.] 32...Se5! Unterbindet den Turmtausch 33.Txg2 wegen fxg2+ 34.Kg1 Sf3 matt! Gleichzeitig droht nun Sd3. 33.bxc5 [33.Txg2 fxg2+ 34.Kg1 Sf3#; Hübsch wäre 33.Td2 Sg4 34.Txg2 fxg2+ 35.Kg1 weil der Springer mit dem Rückmarsch die Partie entschiede 35...Se5!] 33...Sd3 34.Td2 Txg1+! [Ein Schnitzer ist indes 34...Sxf2+? 35.Txf2 Txf2 36.Sf7+ Kh7 37.Sg5+ Kh6 38.Sxh3] 35.Kxg1 Sf4 Trotz des stark reduzierten Materials droht immer noch ein Matt. 36.Sf7+ Kg7 37.Se5 Se2+ 38.Txe2 Traurige Notwendigkeit angesichts von 38.Kh1 Lg2 matt. 38...fxe2 39.Sd3 Le6 40.a3 Lxc4 41.Se1 Kf6 42.f3 Ke5 43.Kf2 Kd4 Der aktive König verbürgt den Sieg. 44.Sg2 Kxc5 45.Sxh4 b5 46.f4 a5 47.Sf3 a4 48.f5 b4 49.axb4+ Kxb4 50.f6 a3 51.Sd4 a2 52.Sc2+ Kc3 Der a-Bauer ist nicht mehr aufzuhalten.

0-1

 

Download der 210 Baden-Badener Partien (cbv-Format, 25 kB)

 

Schachlektüre

Jean Herbert, "Modernes Benoni - Eine kämpferische Verteidigung für die Kühnen und Rastlosen", Chessbase-CD, 49,90 Mark.

   Der kanadische Internationale Meister erläutert typische Motive dieser zweischneidigen Eröffnung. Der Vorteil der CD gegenüber einem Buch liegt an den verfügbaren 13 000 Partien, von denen rund 200 ausführlich kommentiert sind, sowie deren Darstellung in einem übersichtlichen Eröffnungsbaum.


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