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Es ist besser, die Steine des Gegners zu opfern"

Baden-Baden 1925, dritter Teil

von Hartmut Metz

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   Nicht nur beim legendären Turnier Baden-Baden 1925 zählten Savielly Tartakower und Jacques Mieses zu den schillerndsten Vertretern, sie sind auch Farbtupfer in der Schach-Historie. Mieses weniger durch seine Erfolge - sein größter war zweifellos der Sieg 1907 in Wien -, mehr durch seine Schönheitspreise, die er seinem kompromisslosen Stil verdankte. Auch in der Kurstadt remisierte er nur drei von 20 Partien! Sein Rivale in der siebten Runde, Tartakower, brachte es derweil auf 13. Der letztlich Fünftplatzierte (12,5 Punkte) schlug den Drittletzten (6,5) in nur 15 Zügen.

   Mieses war jedoch nicht nur Opfer, sondern heimste noch mit 80 Jahren - 1945 im Seebad Hastings - einen Schönheitspreis ein. Mit 62 spielte er in der deutschen Nationalmannschaft und absolvierte mit 78 noch eine Simultantournee durch England. Dort soll sich der folgende Dialog zugetragen haben: „Oh, Mister Meises", lautete die Begrüßung, auf die der Schachjournalist konterte: „No, Meister Mieses!"

   Noch weit schlagfertiger - auf dem Brett wie verbal - war Tartakower. Berühmt sind seine Aphorismen wie „Die Fehler sind da, sie brauchen nur gemacht zu werden", „Der vorletzte Fehler gewinnt!" oder „Es ist besser, die Steine des Gegners zu opfern!" Seine Bezeichnung für die Eröffnung 1.b4 setzte sich durch: Nach einem vorherigen Besuch im Zoo fühlte er sich durch den ungewöhnlichen Partieauftakt an einen dort beäugten Orang-Utan erinnert! Der Pole war Korrespondent von 30 Zeitschriften, die ihn wegen seiner „Tartakowerismen" alle gerne abdruckten. Bahnbrechend war sein Buch „Die Hypermoderne Partie", das im Jahr des Baden-Badener Turniers erschien. Er würdigte dabei die neuen Ideen von Richard Reti und Gyula Breyer. In Tartakowers Brust schlummerten zwei Seelen: Einerseits wirkte der Doktor der Rechte sehr ausgeglichen, andererseits war er im Casino - wie schon manch anderer Großmeister und Baden-Baden-Besucher - ein Hasardeur. Gleichzeitig war der „Homer des Schachs", wie ihn Weltmeister Emanuel Lasker einmal nannte, ein friedfertiger Spieler und ein furchtloser Kämpfer der französischen Résistance im Zweiten Weltkrieg.









Stellung nach:

Tartakower - Mieses [A82]
Meko24

1.d4 f5 2.e4 fxe4 3.Sc3 Sf6 4.g4 Diese aggressive Fortsetzung empfahl Tartakower in "Die Hypermoderne Partie". 4...d5 5.g5 Sg8 6.f3 exf3 7.Dxf3! Stärker als 7.Sxf3, wie man bald sehen wird. [7.Sxf3] 7...e6 8.Ld3 g6 9.Sge2 De7 10.Lf4! c6 11.Le5! Lg7 12.Dg3 Sa6 13.0-0 Ld7? Schwarz ist sowieso schon verloren. 14.Ld6 Dd8 Wegen der unkoordinierten Figurenaufstellung und der offenen f-Linie geht es dem König an den Kragen. 15.Df4 Gegen die Drohung 16.Df8+ ist kein Kraut gewachsen.

1-0

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