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Sensation durch Werder Bremen
Schachabteilung des Fußball-Bundesligisten gewinnt Stichkampf um deutsche
Meisterschaft; Starteam aus Porz unterliegt 3,5:4,5
von FM Hartmut Metz, 21. Mai 2005
mehr Schachtexte von Hartmut Metz |
Nun deutscher Schach- anstatt Fußball-Meister: Werder Bremen.
Hübschester Figuren-Rastelli in Kreisen des neuen Champions ist
Großmeisterin Almira Skriptschenko, die überdies bei den Frauen
den Titel-Hattrick mit dem OSC Baden-Baden schaffte. Foto: pr
Großmeister Gerald Hertneck
hat schon manches im Schach gesehen. Beim Ausgang um die deutsche Meisterschaft
fehlten aber selbst dem Bajuwaren fast die Worte. "Ich bin nahezu sprachlos
über den Erfolg von Werder Bremen. Ich spiele seit etwa 20 Jahren in
der Bundesliga und habe solch eine Sensation noch nicht erlebt", gestand
Hertneck mit Blick auf den Gewinn der Meisterschaft durch Werder.
Die Schachabteilung des
Fußball-Erstligisten schloss nicht nur die Saison mit 28:2 Punkten
gleichauf mit der SG Porz ab. Der krasse Außenseiter schlug im Stichkampf
sogar erneut den haushohen Favoriten. Diesmal zwar nicht vernichtend wie
beim 6:2-Sensationssieg während der Runde, aber ausreichend mit 4,5:3,5.
"Da kann man kaum noch von Glück sprechen, sondern dem Team nur zum
verdienten Sieg herzliche Glückwünsche aussprechen!", erklärte
Hertneck, der selbst mit Tegernsee eines der Zünglein an der Waage war.
Durch einen Erfolg über den OSC Baden-Baden hatte sein Verein letztlich
die Kurstädter aus dem Stichkampf geboxt.
Der Porzer Mäzen Wilfried
Hilgert nahm die unerwartete Niederlage relativ gelassen und gewohnt jovial:
"Das kann passieren, und ich gönne es den Bremern auch. Jetzt müssen
wir erst einmal analysieren, was wir diese Saison über falsch gemacht
haben. Alexander Graf hat in beiden Kämpfen gegen Bremen verloren. Sogar
unser beständiger Rafael Waganjan unterlag", äußerte der
Macher des zehnfachen Rekordmeisters.
Nationalspieler Graf hatte im
Weserstadion auf Zeit gegen Tomi Nybäck verloren. Außerdem zog
Waganjan in einer spektakulären Partie gegen den 19-jährigen Ukrainer
Zahar Efimenko den Kürzeren. Dem hatten die Kölner nur einen Sieg
von Topscorer Ivan Sokolov über Yannick Pelletier entgegenzusetzen.
Die restlichen fünf Partien endeten remis. Beim Stichkampf fehlte Almira
Skriptschenko auf Bremer Seite. Die Moldawierin mit französischem Pass
musste gegen Porz passen, weil die Werder-Stammspielerin schon weit vorher
für die chinesische Liga zugesagt hatte. Jetzt ist die Pariserin zweifache
deutsche Meisterin: Mit dem OSC Baden-Baden hatte Skriptschenko souverän
den dritten Titel in Folge in der Frauen-Bundesliga erobert.
Nachstehend die spannende Partie
von Efimenko, der zur Schar der ukrainischen Nachwuchstalente zählt.
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Efimenko, Zahar (2572) - Waganjan, Rafael A (2642) [C10]
Meisterschafts-Stichkampf (16.4), 08.05.2005
1.e4
e6
2.d4
d5
3.Sc3
dxe4
4.Sxe4
Sd7
5.Sf3
Sgf6
6.Sxf6+
Sxf6
7.c3
c5
8.Se5
a6
9.Le3
cxd4
10.Lxd4
Dc7
11.Ld3
Lc5
12.Lxc5
Dxc5
13.De2
b6
14.0-0-0
Lb7
15.Thg1
Ke7!?
[15...0-0 schien, wie
der Hamburger Großmeister Karsten Müller auf der Bundesliga-Webseite
mutmaßt, "vermutlich zu riskant. So ganz einfach ist die Sache jedoch
nicht, wie folgende Variante zeigt":
16.g4
Tad8
17.g5
Sd5
18.Lxh7+
Kxh7
19.Dh5+
(19.g6+!?
fxg6
20.Dg4
Tf6
21.Sxg6
Kg8
22.Dh5
Tdf8!
23.Dh8+
Kf7
24.Sxf8
Dxf8 ist aussichtsreicher
für Schwarz.)
19...Kg8
20.Td4
Sxc3
21.Th4!
Sxa2+
22.Kb1
Sc3+
23.bxc3
Le4+!
24.Txe4
Td2
25.Sc4
Db5+
26.Kc1
Ta2
27.Th4
Ta1+
28.Kc2
Ta2+
29.Kc1
Ta1+ mit Dauerschach.]
16.f4
Thd8
17.Tde1 Müller
erklärt: "Efimenko wählt diesen Turm, damit Turmtausch erschwert
wird und er gegen Ke7-f8-g8 direkt mit g4-g5 loslegen kann."
[17.g4?
Sd5 sei dagegen nicht
im Sinne von Weiß.]
17...b5
18.f5
b4
19.fxe6
bxc3? Das spielt
laut Müller "mit dem Feuer". Vorzuziehen ist
[19...fxe6!
20.c4
(20.Lxh7?
bxc3 )
20...Tac8
21.Kb1
(21.Lxh7?
Td4! )
21...Le4
22.Lxe4
Dxe5 mit einer im dynamischen
Gleichgewicht befindlichen Stellung.]
20.exf7
cxb2+
21.Kb1
Ld5! Nur so kann
Schwarz noch weiterkämpfen. Den Unterschied zwischen dem exzellent hinter
dem b-Bauern verschanzten weißen Monarchen und dem schlecht
geschützten schwarzen König dokumentiert die Fortsetzung
[21...Kf8?
22.Lxh7!
g5
(22...Sxh7?
23.Sg6+
Kxf7
24.De6# )
23.Sg6+
Kg7
24.f8D+
Txf8
25.Sxf8
Txf8
26.De7+
Dxe7
27.Txe7+
Tf7
28.Txf7+
Kxf7
29.Ld3 und Weiß
gewinnt das Endspiel leicht.]
22.Dxb2?? Der
Zug sieht unnatürlich aus, nimmt er doch ohne Not dem König den
besten Schutz. [Das Doppelschach mittels
22.Sc6+! wirkt
vielversprechender.
22...Kxf7
(22...Kf8
23.Sxd8
Lxa2+
24.Kxa2
Da5+
25.Kb1
Da1+
26.Kc2
Da4+
27.Kd2
Db4+
28.Ke3
Txd8
29.Df3
Td7
30.g4! sollte Weiß
reichen, auch wenn die Partie noch nicht entschieden ist.)
23.Sxd8+
Txd8
24.Dxb2 mit weißer
Mehrqualität.]
22...Kd6?? Verliert.
Waganjan hätte den f-Bauern als Schutzschild nutzen müssen. Nach
[22...Kf8! steht sogar
Schwarz etwas besser, denn diesmal scheitert
23.Lxh7? an
23...Sxh7
24.Sg6+
Kxf7
25.Te7+
Dxe7!
(25...Kxg6
26.Dxg7+
Kh5
27.Te5+
Kh4
28.Dg3# )
26.Sxe7
Tab8
27.Sxd5
Txb2+
28.Kxb2
Txd5 mit schwarzem
Figurenplus.]
23.Sc4+
Kc6
[23...Lxc4
24.Lxc4
Dxc4
25.De5+
Kd7
26.Td1+
Kc6
27.Tc1+- ist
unersprießlich.]
24.Ka1?!
Übertriebene Vorsicht.
[24.Tc1
Tab8
25.Sb6
Txb6
26.Txc5+
Kb7
(26...Kxc5
27.Tc1+
Kd6
28.Dxb6+ )
27.Lb5 sorgt umgehend
für klare Verhältnisse.]
24...Tab8
[24...Lxc4
25.Lxc4
Dxc4?
26.Tc1+- ]
25.Dc3
Lxc4
26.Dxc4
Td5?
[26...Dxc4
27.Lxc4 ist wegen des
übermächtigen f7-Bauern sicher auch verloren, aber wäre bei
korrektem Spiel doch besser als die Partiefortsetzung.]
27.Dxa6+
Kd7
28.Da4+
[28.Lf5+
Txf5
(28...Kd8
29.Da5++- )
29.De6+
Kd8
30.De8+
Kc7
31.Te7++- ]
28...Kd6
29.Df4+
Te5
30.Lc4
Sd7
31.Td1+
Ke7
32.Tge1?
[32.f8D+!
Txf8
33.Dg4 mit Doppelangriff
auf d7 und g7 gewinnt sofort.]
32...Kf8
33.Txe5 Wickelt in
ein gewonnenes Turmendspiel ab.
33...Sxe5
34.Dd4 [Bloß
nicht 34.Lb3?
Dc3+
35.Kb1
Txb3+
36.axb3
Dxb3+ mit Dauerschach.]
34...Dxd4+
35.Txd4
Sxc4
36.Txc4
Kxf7
37.Te4?! Müller
plädiert für
[37.a4
Ke6
38.Ka2
Tb7
39.Ka3
Kd5
40.Tc2
Ta7
41.Kb4
Tb7+
42.Kc3
Ta7
43.Ta2
Kc5
44.a5
Ta6
(44...Kb5
45.a6+- )
45.Ta1 "und der
weiße Gewinn ist nur eine Frage der Zeit, da sein Turm ideal hinter
dem a-Freibauern postiert ist, wie schon Tarrasch es postuliert hat".]
37...Kf6?!
[37...Td8
38.Te2
Ta8 stellt den Anziehenden
vor größere Probleme, weil es laut Müller nicht so leicht
ist, den Turm günstig hinter den a-Freibauern zu bekommen.]
38.Te2?! Lässt
wieder [38.a4 aus:
38...Td8
(38...Kf5
39.Tc4
Ke6
40.Ka2+- )
39.a5
Td1+
40.Kb2
Td2+
41.Kb3
Txg2
42.a6
Td2
43.Ta4
Td8
44.a7
Ta8
45.Kc4+- ]
38...h5?!
[38...Ta8! bereitet Efimenko
erneut mehr Schwierigkeiten.]
39.a3
g5
40.Ka2
h4
[40...Ta8 kommt nun zu
spät: 41.Kb3
Tb8+
42.Kc4
Tc8+
43.Kb5
Tb8+
44.Kc6
Tc8+
45.Kb7
Tc4
46.Ta2
Ta4
47.Kb6
Kf5
48.Kb5
Ta8
49.a4
Tb8+
50.Kc6
Tc8+
51.Kb7
Tc1
52.Tb2
Ta1
53.Tb5+
Kf4
54.a5 und der Bauer
ist nur noch durch Turmopfer aufzuhalten.]
41.a4
Kf5
42.Ka3
Kg4
[42...Ta8
43.Kb4
Tb8+
44.Kc5
Ta8
45.Kb5
Tb8+
46.Kc6
Ta8
47.Ta2+- ]
43.a5
h3
44.g3
Kf3
45.Ta2
Ke4
46.a6
Kd5
47.a7
Ta8
48.Kb4
[48.Kb4
Kc6
49.Kc4
Kb7
50.Kd5
Td8+
51.Ke4
Ka8
52.Kf5
Tg8
53.Kg4 ] 1-0 |
Hier noch die restlichen sieben
Partien des Wettkampfes, unkommentiert:
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