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Wesselin Topalow stürmt an die Spitze
Sprechverbot zwingt Schach-Großmeister in Sofia zu mehr Einsatz
von FM Hartmut Metz, 28. Mai 2005
mehr Schachtexte von Hartmut Metz |
Bulgarien entwickelt sich zum Nabel
der Schachwelt. Nachdem Antoaneta Stefanowa die WM-Krone eroberte, schickt
sich nun Wesselin Topalow an, auf Position eins der Weltrangliste zu
stürmen. Der Platz an der Sonne schien nach dem Rücktritt von Garri
Kasparow für Viswanathan Anand vorbehalten zu sein - doch der Inder
belegte beim Topturnier in Sofia vergangenen Sonntag mit 5,5:4,5 Punkten
"nur" Platz zwei.
Damit büßte Anand einen
Punkt in der Weltrangliste auf 2 784 Elo ein. Topalow hingegen gewann dank
seiner 6,5:3,5 Zähler zehn Elo hinzu und verbesserte sich auf 2 788.
Schon jubilierte die bulgarische Presse, ihr Lokalmatador werde die neue
Nummer eins. Doch Anand hat in der abgelaufenen Bundesliga-Saison am Spitzenbrett
des OSC Baden-Baden vier Elo gewinnen können, weshalb nun derzeit beide
bei 2 788 stehen. Eine einzige Partie kann nun in den nächsten Wochen
entscheiden, wer am 1. Juli ganz oben steht. Unabhängig davon feierten
die Bulgaren Topalow. Selbst Staatspräsident Georgi Parwanow ließ
es sich nicht nehmen, dem Schachstar seine Aufwartung zu machen. Topalow
erhielt einen Dolch mit Staatswappen, der "einen Ehrenplatz in meiner
Trophäensammlung erhalten wird", erklärte der 30-Jährige.
Viel wichtiger als der Endstand
war die Erkenntnis, dass das Sprechverbot beim 600 000 Euro teuren MTel Masters
Wirkung zeigte. Weil der Schiedsrichter zustimmen musste, wollten beide Akteure
ein Unentschieden vereinbaren, gab es keine Kurzremisen. Die Partien gingen
durchschnittlich über 49 Züge.
Wie erwartet hatte der stets
kämpferisch eingestellte Topalow am wenigsten Probleme mit dem erstmals
ausprobierten Reglement. Nach einer "verkorksten Vorrunde" mit 2:3 Zählern
glaubte der Turniersieger selbst nicht mehr daran, dass "ich im zweiten Durchgang
nur noch ein Remis abgebe". Bei seinem Siegeslauf hatte "Topi" zwar etwas
Glück, spielte jedoch auch zwei sehenswerte Partien gegen Ruslan Ponomarjow
und Anand.
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Topalow, Wesselin (2778) - Ponomarjow, Ruslan (2695) [E15]
MTel Masters Sofia BUL (9), 21.05.2005
1.d4
Sf6
2.c4
e6
3.Sf3
b6
4.g3
La6
5.b3
Lb4+
6.Ld2
Le7
7.Sc3
0-0 [Zwei Runden
zuvor versuchte Anand
7...c6 und verlor ebenso
gegen einen auftrumpfenden Topalow:
8.e4
d5
9.Dc2
dxe4
10.Sxe4
Lb7
11.Seg5!
c5
12.d5
exd5
13.cxd5
h6
14.Sxf7!
Kxf7
15.0-0-0
Ld6
16.Sh4
Lc8
17.Te1
Sa6
18.Te6
Sb4
19.Lxb4
cxb4
20.Lc4
b5
21.Lxb5
Le7?
22.Sg6!?
Sxd5
23.Txe7+?!
Sxe7
24.Lc4+
Kf6
25.Sxh8
Dd4
26.Td1
Da1+
27.Kd2
Dd4+
28.Ke1
De5+
29.De2
Dxe2+
30.Kxe2+/-
Sf5
31.Sf7
a5
32.g4
Sh4
33.h3
Ta7
34.Td6+
Ke7
35.Tb6
Tc7
36.Se5
Sg2
37.Sg6+
Kd8
38.Kf1
Lb7
39.Txb7
Txb7
40.Kxg2
Td7
41.Sf8
Td2
42.Se6+
Ke7
43.Sxg7
Txa2
44.Sf5+
Kf6
45.Sxh6
Tc2
46.Lf7
Tc3
47.f4
a4
48.bxa4
b3
49.g5+
Kg7
50.f5
b2
51.f6+
Kh7
52.Sf5 und Schwarz gab
auf wegen 52...b1D
53.g6+
Kh8
54.g7+
Kh7
55.g8D# ]
8.Tc1!? Diese
Idee verfolgte Topalow bereits im Vorjahr beim Schnellturnier in Monaco.
8...c6
[8...Lb7
9.Lg2
d5
10.Se5
Sa6
11.cxd5
exd5
12.0-0
c5
13.Le3
Te8
14.Sd3
Dd7
15.Sa4
cxd4
16.Lxd4+/= bescherte
Topalow in Monaco gegen Kramnik leichten Vorteil in der Blindpartie.;
8...d5
9.cxd5
Sxd5
10.Sxd5
exd5
11.Lg2
Te8
12.Tc2
Ld6
13.Lg5
Lb4+
14.Kf1
f6
15.Lf4+/= war auch etwas
besser für Topalow gegen Judit Polgar (Wijk aan Zee 2005).]
9.e4
d5
10.e5!N [Und
der letzte Hinweis auf Monaco: Gegen Boris Gelfand hatte Topalow, wie er
in Sofia erzählte, seine Vorbereitung vergessen und statt des jetzt
gespielten Zuges 10.Ld3?!
ausgeführt. Nach
10...dxe4
11.Sxe4
Sbd7
12.Sxf6+
Sxf6
13.Lc3
c5
14.dxc5
Lxc5
15.0-0
Lb7 durfte Schwarz sehr
zufrieden sein.]
10...Se4
11.Ld3
Sxc3?! [Topalow
plädierte stattdessen für
11...Sxd2 mit leichtem
Vorteil für den Anziehenden.
12.Dxd2
dxc4
13.bxc4
c5!? schien Ponomarjow
spielbar.] 12.Txc3!
Weil Weiß die Rochade hinauszögern konnte und so über
die h-Linie Angriffsmöglichkeiten erhält, befanden Anand und Kramnik,
dass der Ausgang der Partie schon hier vorbestimmt gewesen sei.
12...c5
13.dxc5
bxc5
14.h4!
h6
[14...Te8 Ponomarjow dachte
zunächst nach der Niederlage, dass dieser Zug die Partie hält -
doch darauf entscheidet das kräftige Läuferopfer
15.Lxh7+!
Kxh7
16.Sg5+
Kg8
17.Dh5
Lxg5
18.hxg5
Kf8
19.Tf3
Dc7
20.g6 ]
15.Lb1! Alles
noch Vorbereitung von Topalow. Schwarz unterschätzte diesen stillen
Zug, der Dc2 nebst Dh7 plant.
15...f5? [Laut
Topalow hält allein
15...Sd7!
16.Dc2
f5
17.exf6
Sxf6 das Duell offen.
Mit 18.Te3 gedachte Topalow
allerdings am Drücker zu bleiben.]
16.exf6
Lxf6
17.Dc2 Gegen das
Eindringen auf h7 gibt es bereits keinen wirksamen Schutz mehr.
17...d4
18.Sg5!! Anstatt
den angegriffenen Turm aus dem Schlagbereich des Bauern zu ziehen, bietet
Weiß ein weiteres Figurenopfer an. Ponomarjow muss reagieren, weil
schlicht Dh7 matt droht.
18...hxg5
[18...Lxg5
19.Dh7+
Kf7
20.Lxg5!
hxg5
21.Tf3+
Ke8
22.Lg6+
Kd7
23.Dxg7++- kostet den
Turm auf f8.]
19.hxg5
dxc3
20.Lf4 [Auf der
Hand liegt 20.Th8+! ,
doch der Turniersieger sah danach keinen klaren Gewinnweg - dieser existiert
jedoch: 20...Kf7
21.Dg6+
Ke7
22.gxf6+
gxf6
23.Th7+
Kd6
24.Lf4+
Kc6
(24...e5
25.Lxe5+!
Kxe5
26.De4+
Kd6
27.Dd5# )
25.Le4+
Kb6
26.Lc7+
Dxc7
27.Txc7
Kxc7
28.Lxa8
Td8
29.Dc2
Sd7
30.Le4 ]
20...Kf7
[20...Ld4 rettet den
Nachziehenden auch nicht:
21.Dg6! und gegen Th8+
nebst Dh7 matt ist nichts mehr zu erfinden.]
21.Dg6+
Ke7
22.gxf6+
Txf6
[22...Kd7
23.fxg7
Tg8
24.Df7+
Kc6
25.Dxe6+
Kb7
26.Le4+
Sc6
27.Dxc6# ]
23.Dxg7+
Tf7
24.Lg5+
Kd6
25.Dxf7
Dxg5
26.Th7!
De5+
[26...Dc1+
27.Ke2
Dd2+
28.Kf1
Dd1+
29.Kg2 und der weiße
König hat sich in Sicherheit gebracht.]
27.Kf1
Kc6
28.De8+
Kb6
29.Dd8+
Kc6
30.Le4+! nebst Matt
nach Dxe4 31.Dc7. 1-0 |
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