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"U wie Unzicker"

Gala in Mainz zum 80. Geburtstag mit Karpow, Kortschnoi und Spasski

von FM Hartmut Metz, 18. Juni 2005

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   Der Schach-Meister weilte 1951 in Jugoslawien, um Simultanvorstellungen mit einer Urlaubsreise zu verbinden. Auf dem Heimweg sollte er nach Ljubljana fahren, um das jugoslawische Team mit nach Krefeld zu nehmen. Dort stand der erste Länderkampf nach dem Krieg an. Vom Bahnhof aus wollte der deutsche Nationalspieler im Hotel "Union" den ortsansässigen slowenischen Schachverband telefonisch von seinem Eintreffen in Kenntnis setzen. "Ich bin hier. Mein Name ist Unzicker", gab er durch die Leitung. "Wie?", schallte es zurück, "können Sie das bitte buchstabieren?" Wolfgang Unzicker tat, wie ihm geheißen: "U." Woraufhin sich sein Gesprächspartner rückversicherte: "U wie Unzicker?" "Ich bin Unzicker!"

 

Wolfgang Unzicker

Wolfgang Unzicker

 

   Der deutsche Vorkämpfer wurde am 26. Juni 1925 in Pirmasens geboren. Seinen 80. Geburtstag feiert der pensionierte Richter zusammen mit seiner Gattin Freia, seinen drei Söhnen und deren Ehefrauen sowie drei Enkeln. Zu Ehren des Jubilars findet zudem bei den Chess Classic Mainz am 9. und 10. August (jeweils ab 16 Uhr) die "Unzicker Gala 80" statt. Zusammen mit dem 386fachen deutschen Rekordnationalspieler treten drei Legenden an: Anatoli Karpow, Viktor Kortschnoi und Boris Spasski. "Ich freue mich darauf, mit meinen alten Freunden und Kollegen zusammenzutreffen. Die Ergebnisse stehen dabei im Hintergrund", erklärt der Jubilar und meint bescheiden wie immer, "über meine Chancen mache ich mir angesichts dieses Klassefeldes keine Illusionen."

   Schiedsrichter des Wettbewerbs wird sein langjähriger Weggefährte Lothar Schmid sein. Der Bamberger Karl-May-Verleger und Großmeister wurde vor kurzem zum "Schiedsrichter des Jahrhunderts" gekürt, weil er pikante WM-Zweikämpfe wie jenen 1972 zwischen Bobby Fischer und Spasski souverän über die Runden brachte. Schmid wie Unzicker zählen seit 1997 zu den Stammgästen im Schnellschach-Mekka Mainz. Organisator Hans-Walter Schmitt sah es daher als Ehre an, einem "Großmeister, der es trotz seines Berufs so weit brachte und faszinierend oft, fast 400 Mal, Deutschland würdig vertrat", eine besondere Bühne zu bieten (Fortsetzung der Unzicker-Trilogie in der nächsten Schachspalte).

   Seine spektakulärste Partie spielte Unzicker 1954 bei der Schach-Olympiade in Amsterdam, wo er den Israeli Mosche Czerniak förmlich überrollte. Nachstehend die Kommentare des Jubilars.

 










Unzicker, Wolfgang - Czerniak, Moshe [C13]
Amsterdam ol (Men) fin-A Amsterdam (5), 17.09.1954
[Unzicker/Metz]

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Le7 5.e5 Sfd7 6.h4 a6 7.Dg4 f5 8.Dh5+ g6 9.Dh6 Lxg5 10.hxg5 Kf7 11.Sge2 c5 Dieser Zug passt nicht zur Partieanlage. [Besser war die von Czerniak nach der Partie selbst empfohlene Fortsetzung 11...Sf8 nebst 12...Th8-g8, gefolgt von Tg8-g7 und Kf7-g8. Weiß hätte in diesem Fall einen klaren Raumvorteil gehabt, doch wäre es keineswegs leicht gewesen, der ziemlich festen schwarzen Stellung beizukommen. Wenn am Königsflügel die Königsstellung nicht völlig gesichert ist, sollte man nicht am Damenflügel aktiv werden.] 12.Sf4 Sf8 Notwendig wegen der Drohung 13.Sxg6. [Nach 12...cxd4 hätte 13.Sxg6 dxc3 14.Sxh8+ Dxh8 15.g6+ Ke8 16.f4 cxb2 17.Tb1+- schnell gewonnen] 13.dxc5 Sc6 14.g4 Weiß will auf f5 tauschen, da mit jedem Bauerntausch am Königsflügel die Stellung des schwarzen Königs gefährdeter wird. Nimmt aber Schwarz auf g4, so wird seine Bauernstellung am Königsflügel ebenfalls geschwächt, und er müsste unter Umständen mit einer späteren Öffnung der f-Linie rechnen. 14...Sxe5 15.Le2 Um das Springerschach auf f3 zu verhindern. 15...Dc7 Danach ist Schwarz zwingend verloren [Die einzigen in Frage kommenden Züge waren 15...Sxg4 und; 15...fxg4 ] 16.gxf5 Sf3+ 17.Lxf3 Dxf4 Diese Abwicklung hatte Schwarz offensichtlich im Auge, als er 15. Dc7 zog. Dabei hat er den folgenden Zug entweder übersehen oder zu wenig berücksichtigt. 18.f6! Damit droht ein Matt mittels 19.Dg7 und Dg7-e7 18...Tg8 19.Th3 Ld7 20.Sxd5! Mit diesem Überfall verhindert Weiß die Konsolidierung der schwarzen Stellung durch Tac8. 20...De5+ [20...exd5 würde zu einer schnellen Katastrophe führen nach 21.Lxd5+ Le6 22.Lxe6+ Sxe6 (22...Kxe6 23.Te3+ Kf5 (Hoffnungslos ist auch 23...Kd7 24.Td1+ Kc6 (24...Kc7 25.Te7+ Kb8 26.f7 Th8 27.Dg7+- mit leichtem Gewinn) 25.Dh1+ Kxc5 26.Dd5+ Kb4 27.Tb3+ Ka4 28.Ta3+ Kb4 29.c3# ) 24.Dh3+ Kxg5 25.Tg3+ Kxf6 26.Tf3+- ) 23.Dxh7+ Sg7 Darauf hatte ich 24.Te3 geplant, zum Beispiel 24...Tae8 25.0-0-0! Txe3 26.fxe3 Dxe3+ 27.Kb1+- und Weiß gewinnt leicht: 27...Dxg5 28.fxg7 Df5 29.Dh1! Kxg7 30.Dxb7++- ] 21.Se3 Dxb2 22.Td1 Nun droht sofortiger Gewinn mit Txd7 gefolgt von Dxh7. 22...Td8 23.c6! Schränkt die schwarzen Figuren in ihrer Bewegungsfreiheit noch mehr ein. 23...bxc6 24.Kf1 c5 [Auf 24...e5 hatte ich 25.Lg4! vorgesehen mit zum Beispiel 25...Lxg4 26.Dxh7+ Sxh7 27.Txh7+ Ke6 (27...Ke8 28.Te7+ Kf8 29.Txd8# ) 28.Te7# ] 25.Sc4 Lb5 [25...Db5 26.Le2+- ] 26.Dxh7+!! Sxh7 27.Txh7+ Kf8 [27...Ke8 28.Te7+ Kf8 29.Txd8+ Le8 30.Tdxe8# ] 28.Txd8+ [28.Txd8+ Le8 29.Tf7+!! Kxf7 30.Sd6+ Kf8 31.Txe8# ] 1-0

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