Naiditsch wirbelt viel Staub auf19-Jähriger gewinnt sensationell in Dortmund / Im Clinch mit DSBvon FM Hartmut Metz, 30. Juli 2005 |
Arkadij Naiditsch
Mit Arkadij Naiditsch hat das deutsche Schach plötzlich einen Superstar. Als jüngster Spieler aller Zeiten gewann der 19-Jährige sensationell das Weltklasseturnier in Dortmund. Der Lokalmatador setzte sich mit 5,5:3,5 Punkten vor fünf Assen aus den Top Ten durch. Im Verfolgerfeld finden sich einen halben Zähler zurück illustre Namen wie Weselin Topalow (Bulgarien), Etienne Bacrot (Frankreich), Peter Swidler (Russland) und Loek van Wely (Niederlande). Nur Sechster wurde der russische Weltmeister Wladimir Kramnik mit dem Engländer Michael Adams (je 4,5). Gar nur den drittletzten Rang belegte Vizeweltmeister Peter Leko (Ungarn/4). Das Ende der Tabelle zieren Emil Sutowski (Israel/3) und der Däne Peter Heine Nielsen (3).
Man müsste annehmen, dass der schier unglaubliche Erfolg Naiditschs die Verantwortlichen beim Deutschen Schachbund (DSB) zu Jubelarien veranlasst. Schließlich könnte der nach einem in den Medien präsenten Star lechzende Verband endlich das Jammertal der geringen Aufmerksamkeit verlassen. Doch einstweilen ist das Gegenteil der Fall. In einem Artikel im Magazin "Spiegel" goss der Dortmunder Öl ins Feuer. Von einem angespannten Verhältnis zum DSB, der ihn seit seiner Übersiedlung vor neun Jahren von Riga aus eher behindere als fördere, berichtet der gebürtige Lette. "Ich bin auf mich allein gestellt", klagt Naiditsch, der nach seinem weiten Satz in die Top 100 nun auch in die Riege der besten zehn Großmeister vorstoßen will. Der Profi, der vor zwei Jahren von der Gesamtschule abging, wurde in der Tat vor allem von den Dortmundern gefördert. Angebote des DSB bezeichnet Naiditsch als "erbärmlich". So seien ihm für die Mannschafts-EM "lächerliche 150 Euro pro Partie" angeboten worden. So lässt sich ein Nationalspieler nicht "abspeisen", meint Naiditsch. In der Bundesliga kassiert der 19-Jährige - der nun von Essen-Katernberg zum zahlungskräftigeren Zweitligisten TSV Bindlach wechselt - angeblich etwa das Vierfache.
Außer mit dem Wechsel ins deutsche Unterhaus eckte der als zuweilen schwierig geltende Wunderknabe jetzt auch mit seinen Aussagen an. "Die jüngsten Unwahrheiten im 'Spiegel' verschärfen die Situation leider noch", äußert Bundestrainer Uwe Bönsch. Bei der anstehenden Mannschafts-EM in Göteborg habe ihn der DSB nicht einsetzen können, weil Naiditsch "das doppelte Salär der anderen Spieler" forderte, was für den Verband "einfach zu hoch" gewesen sei. Das Tischtuch will der Großmeister aber nicht zerschneiden. Bönsch hofft, dass sich eine Lösung findet und Naiditsch "dann beim nächsten großen Wettkampf der Nationalmannschaft, bei der Olympiade 2006 in Turin, bereit ist, für Deutschland zu spielen".
Das Verhältnis zwischen Naiditsch und dem DSB wird die Gazetten weiter beschäftigen. Mehr zum Thema - unter anderem mit der Einschätzung von Nationalspieler Rustem Dautov - in der nächsten Schachspalte. Nachstehend der überzeugende Sieg von Naiditsch über Leko.
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Naiditsch,A (2612) - Leko,P (2763) [B31]
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