Schach-Fans begeistert Topalows StilBulgare spielt selbst bei der WM in jeder Partie kompromisslos auf Siegvon FM Hartmut Metz, 8. Oktober 2005 |
Wesselin Topalow
Keinem anderen Großmeister gönnen die Schach-Fans in aller Welt den WM-Titel so sehr wie Wesselin Topalow. Der Bulgare ist weniger volksnah als der Weltranglistenerste Viswanathan Anand (Indien) oder die Nummer drei, der Ungar Peter Leko. Letzterem werfen die Denkstrategen aber oft zu viele schnelle und blutleere Unentschieden vor. Ganz anders dagegen Topalow: Er ist im Schach-Zirkus der größte Kämpfer. Versuchen die meisten Asse, mit Weiß ab und an zu gewinnen und mit Schwarz zu remisieren, agiert der Weltranglistenzweite stets kompromisslos.
Bezeichnend seine Bilanz bei der WM in Argentinien: In San Luis hat der 30-Jährige bisher alle Partien gewonnen, wenn die Gegner mit Weiß und dem ersten Zug das "Aufschlagrecht" besaßen. Mit 6,5:0,5 Punkten spielte "Topi" bis zur Halbzeit das Turnier seines Lebens. Zwei Punkte Vorsprung weist der in Spanien lebende Großmeister nach sieben der 14 Runden vor dem Russen Peter Swidler auf. Wenn er ob seines kraftraubenden Stils nicht völlig einbricht, dürfte Topalow mit einem Rekordvorsprung in die WM-Geschichte eingehen.
Der im bulgarischen Russe geborene ehemalige Junioren-Weltmeister gewöhnte sich das verpönte "Remisgeschiebe" schon zu Beginn seiner internationalen Karriere ab. 1992 sorgte er als 17-Jähriger in Spanien für Furore. Binnen zwölf Monaten gewann Topalow zehn offene Turniere. Bei diesen Open sind viele Unentschieden schädlich, will man den Löwenanteil des Preisgeldes, das nur der Erste einstreicht, kassieren. So überraschte es die Fachwelt auch wenig, als vor knapp einem halben Jahr der drahtige Sportsmann ein besonderes Turnier in Sofia gewann: Sein Manager Silvio Danailow hatte einen Wettbewerb organisiert, bei dem jegliches Remisangebot verboten war. Für seinen Schützling änderte sich dadurch überhaupt nichts - Topalow spielte wie immer und siegte souverän. Bei der WM übertrifft er diese Leistung sogar noch.
Die spektakulärste Partie produzierte Anand in der dritten Runde - allerdings ging es nach den gesammelten 2,5:0,5 Punkten mit dem Spitzenspieler des OSC Baden-Baden steil bergab. Mit drei Punkten Rückstand nach der Hälfte des Wettbewerbs in San Luis hat der 35-Jährige keine Chance mehr, ein zweites Mal den WM-Thron zu besteigen.