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"Deep“ Raab am Brett wie vernagelt

TV-Total-Moderator wird von Schach-Programm in 19 Zügen matt gesetzt; zauberhaftes Kinderbuch von Kindermann

von FM Hartmut Metz, 17. Dezember 2006

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Für manch einen ist er schon ein härterer Gegner gewesen. Sei es als „Killerplauze“ im Boxring oder vor allem als Wok-Champion in der Bobbahn: Stefan Raab. Vergangenen Dienstag versuchte sich das Lästermaul in seiner Show „TV Total“ im Schach. Als Gegner suchte sich der 40-Jährige keinen Geringeren als Deep Fritz aus. Das Programm, das vor knapp zwei Wochen Weltmeister Wladimir Kramnik in Bonn mit 4:2 geschlagen hatte, geriet gegen Raab noch weniger in Schwierigkeiten als gegen den Russen – schließlich lässt sich Deep Fritz weder beschwatzen noch ablenken.

 

Stefan Raab gegen Deep Fritz

Stefan Raab (rechts) ging gegen Deep Fritz so schnell k.o. wie einst im Boxring gegen Regina Halmich. Das Programm von Matthias Wüllenweber (links) und Mathias Feist hatte leichtes Spiel. Foto: Chessbase

 

   Routiniert standen stattdessen die Programmierer Mathias Feist und Matthias Wüllenweber, um die sich seit dem Wettkampf ein Medien-Hype entwickelte, Rede und Antwort. Nebenbei machte ihr elektronisches Kind „Deep“ Raab fertig. Nach sieben Zügen stand der Kultmoderator bereits auf verlorenem Posten, nach 19 Zügen war sein König matt. Immerhin konnte er ein kleines Häuflein geschlagener feindlicher schwarzer Figuren in die Kamera recken. Zudem vergaß Raab nicht zu erwähnen, dass er in anderen Bereichen, etwa beim Klettern, Deep Fritz durchaus überlegen sei. Nachstehend die einseitige Partie mit Raabs besten Sprüchen.

 










Raab,Stefan (500) - Deep Fritz 10 (2900) [A80]
TV Total Cup (1), 12.12.2006

1.d4 f5 2.Dd3 Stefan Raab zu dem Zug: "So was Feines hat er selten gesehen!" "Ungewöhnliches" hätte es wohl besser getroffen als "Feines". So oder so: Von Raab ist man ja Ausfälligkeiten gewohnt - aber ein Damen-Ausfall in so früher Phase? 2...d5 3.Sc3 e6 4.b4 Lxb4 5.a3 La5 6.Tb1 c5 7.dxc5 Dieser dicke Schnitzer des Lästermaul-Großmeisters kostet den Springer und endgültig die Partie. 7...d4 8.Db5+ Sc6 9.Tb4 Lxb4 10.axb4 "Es sieht nicht schlecht aus", kommentierte Raab, um gleich fortzusetzen, "was ist das denn?" 10...dxc3 Der Springer ist futsch, das ist es. 11.Sf3 Dd5 12.e3 Da2 13.Da4 Unter hochgradigem Zeitdruck geschehen! "Wie? Ich soll schneller spielen, wird mir hier auf einer Karte gezeigt", beklagte sich der TV-Moderator, "ich will gewinnen!" Doch die aufdringliche Redaktion beschleunigte sein Ende: Raab stellte die Dame ein. Man kennt derlei irrationale Patzer ja in der Zeitnotphase selbst unter Meisterspielern ... 13...Dxa4 14.Sg5 Dxc2 15.Lb5 Dxc1+ 16.Ke2 Dxh1 17.Lxc6+ bxc6 18.Kf3 Dd1+ 19.Kg3 Dg4# "Wie denn? Schachmatt?" Raab konnte es erst nicht glauben. Dann hielt der Entertainer aber doch halbwegs zufrieden den erbeuteten Springer, den Läufer und einen Bauern hoch und fand, er habe sich gar nicht so schlecht geschlagen. Schließlich wurde Weltmeister Kramnik in Bonn von Deep Fritz auch in einem Zug matt gesetzt. So groß war also der Unterschied gar nicht. 0-1

 

Geschenk-Tipps für Schachspieler

   Für Schachspieler gibt es zahlreiche Geschenkmöglichkeiten. Während schöne Figuren kaum dazu zählen, weil die meisten bereits ihr Lieblingsset haben, sind gute Programme und Bücher stets willkommen.

   Unter den Programmen ragen „Rybka“, das in Deutschland aber meist nur über den Schach-Handel zu beziehen ist, „Shredder“ und „Fritz“ hervor. „Rybka“ ist derzeit am stärksten und mit knapp 40 Euro auch am günstigsten. Mehr Funktionen bieten Rekordweltmeister „Shredder“ und „Fritz“ (jeweils 49,99 Euro). Mit der Einstellung „Freund“ passt sich beispielsweise das populäre Programm aus dem Hamburger Hause Chessbase jeder Stärke an, so dass man auch mal ein Erfolgserlebnis genießen kann. Zahlreiche Zusatzfunktionen sind mit dem Kauf der beiden deutschen Programme (Lernfunktionen oder Internet-Spielforum) verbunden. Für Profis mit einem neuen Rechner ist auch „Deep Fritz 10 Multiprozessor Version“, die Kramnik schlug, interessant. Diese kostet allerdings 119,90 Euro.

   Ein sehr schönes Anfängerbuch haben Großmeister Stefan Kindermann und Anne Franke geschaffen. Die Malerin illustrierte „Schach! Für junge Einsteiger“ (Knesebeck Verlag, 80 Seiten, ISBN-10: 3-89660-366-1, 17,95 Euro) zauberhaft. Gepaart mit der spannenden Geschichte und den Erläuterungen Kindermanns ist ein empfehlenswertes Schachbuch für Sechs- bis Zehnjährige entstanden.

   Etwas für Experten ist „Meine großen Vorkämpfer, Band 5, Tigran Petrosjan, Boris Spasski“ von Garri Kasparow (Edition Olms, 303 Seiten, ISBN 3-283-00474-9, 29,95 Euro). Der Ex-Weltmeister beschäftigt sich im fünften von acht Bänden mit dem ungewöhnlichen Stil des armenischen Nationalhelden Petrosjan und analysiert auch die vielen spektakulären Partien Spasskis. Bei diesem sind allerdings die WM-Partien gegen Bobby Fischer ausgespart. Die folgen im sechsten Werk der Reihe, das sich ausschließlich dem Exzentriker aus den USA widmen wird.


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