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Wie wird man Partien-Millionär?

ChessBase: Mega Database 2004

Rezension von Robert Miklos, März 2004

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ChessBase: Mega Database 2004

ChessBase 2002, ca. 150 Euro
ISBN 3-935602-92-8
Systemvoraussetzungen: Pentium-PC, Win95/98/2000/ME/XP
DVD-Laufwerk (1 GB auf der Festplatte)

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 4 aus 5

 

   Alle Jahre wieder, kurz vor Weihnachten, präsentiert ChessBase eines seiner bekanntesten Produkte, die große Datenbank. So auch letztes Jahr. Waren es Ende 2002 zwei CDs, wurde dieses Mal eine DVD verwendet (1,2 GB), das Medium CD hat ausgedient. Die Daten hätten aber noch knapp auf zwei CDs gepasst, Schachfans ohne DVD-Laufwerk (die gibt es noch!) haben leider Pech gehabt.

   Eigentlich gilt für die Rezension der Mega Database 2004 das gleiche, das ich schon bei der Rezension der Vorgänger-Datenbank Mega 2003 schrieb. Bis auf die mit den Aktualisierungen und Ergänzungen einhergende Vergrößerung hat sich nicht viel geändert, Grundlegendes schon mal gar nicht. Sogar der skurrile Fehler aus Chasovnikova - Bojkovic (Antalya 2002) ist noch drin. Neben der großen Datenbank ist ein neuer, leicht erweiterter ECO-Schlüssel und das aktualisierte Spielerlexikon auf der DVD zu finden.

 

Alle Schachspieler der Welt

   Das Spielerlexikon für ChessBase8 wurde mal wieder ergänzt, laut Herstellerangabe sind es nun 166.000 Spielernamen, 16.000 Spielerfotos (ich fand 17 943 jpg-Bilder, vielleicht wurden die Zeichungen und Karikaturen nicht mitgezäht), die Elozahlen sind bis Oktober 2003 vorhanden. Das Lexikon nimmt etwa 300 MB Platz auf der Festplatte ein.

   Beim Kopieren der Dateien ins aktuelle Spielerlexikon sollte man am besten die alten Dateien vorher löschen, sonst hat man viele Dubletten, die Namen der Fotos haben sich alle geändert. Falls es jemand interessiert, die meisten Fotos gibt es bei den Schachspielern deren Nachnamen mit "S" anfangen, danach kommen die Buchstaben K (hier bringen es die drei K-Supergroßmeister Karpow, Kasparow und Kramnik auf 74, 138 bzw. 32 Bilder), M, B und P. Die seltensten Initiale sind U, X und Q.

 

Die große Datenbank

   Das Spielerlexikon und der erweiterte Eco-Code sind zwar ganz schön, worauf es bei dieser DVD ankommt ist natürlich die Datenbank. Diese benötigt etwa 700 MB Platz auf der Festplatte. Der Wettkampf Mensch-Maschine zwischen Garri Kasparow und FritzX3D von Mitte Oktober ist auch noch drin, die allerletzte Partie ist vom 22.11.2003: Kortschnoj - Navara in Prag. Hier eine Gegenüberstellung mit der Vorgänger-Datenbank in einigen teilweise zufällig ausgewählten Punkten:

 
Mega03   Mega04
Partien gesamt

2312074

2607014

Partien kommentiert

47887

51334

Datenbanktexte

287

303

Partien von Paul Morphy

299

337

Partien von Siegbert Tarrasch

758

760

Partien von 1976

11420

11779

von Anand kommentierte Partien

242

255

kommentierte Partien zu D44

168

177

Partien der Länge 0 oder 1

20137

25620

Partien von NN

630

831

Computer-Partien

4313

4935

Blitz-Partien

2592

2595

Internet-Partien

466

8970

Partien von 2000

188718

202981

Partien von 2002

131645

173823

Partien von 2003

-

130549

 

   Ein paar Anmerkungen dazu: Die Datenbanktexte sind Turnierberichte, mit Turniertabellen und manchmal Fotos - eine tolle Sache, die man natürlich noch erweitern könnte, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Die Computer-Partien sind erkennbar am Spielernamen, der mit "Comp" anfängt. Bei den kommentierten Partien zu D44 Botwinnik-System im Damengambit habe ich nach "beliebigem Text" und Varianten gesucht, leicht kommentierte Partien dürfte es also mehr geben. Von den von Anand kommentierten Partien sind einige Eröffnungsübersichten, die älter sind. Es gibt einen deutlichen Zuwachs an Partien von Paul Morphy, auf der speziellen ChessBase-CD über Paul Morphy sind allerdings 461 drauf. Viele der 337 Morphy-Partien sind Vorgabepartien. Es gibt kaum neue Blitzpartien, magere 3 sind neu dazugekommen - und die sind nicht einmal aktuell, sondern vor 2003 gespielt. Darunter sind aber keine im Internet gespielte Begegnungen, da gab es nämlich einen großen Zuwachs. Viele Spieler sind hier mit ihrem richtigen Namen angegeben, die Wertung ist allerdings die vom Spielserver, z.B. GM Jan Gustafsson mit einer aktuellen Elo von 2571 hat dort 2700 Wertungspunkte - somit werden einige Statistiken oder das beliebte Aussieben von "Patzerpartien" beim Eröffnungstraining in manchen Fällen weniger aussagekräftig. Die Rating-Zahl ändert sich im Gegensatz zur Elo-Zahl bei Internet-Partien auch sofort nach der Partie.

   Mit dem Datenbank-Programm ChessBase kann man mit dieser Partiensammlung allerlei mehr oder weniger interessante Statistiken erstellen: Weiß holt die üblichen 54% Punktausbeute, 32% der Partien endeten Unentschieden. Die Aufteilung nach der Jahreszahl und der Partienlänge ergibt die folgenden zwei Grafiken:

 

Mega Database 2004: Anzahl der gespielten Partien pro Jahr

Mega Database 2004

 

Mega Database 2004: Partienlänge

Mega Database 2004

 

  Wegen der großen Partienanzahl kommt es bei ChessBase8 aber auch zu einer Fehlfunktion: Die Berechnung der Durchschnittswertung ist fehlerhaft, es gibt einen Overflow - ein Problem des Programms, nicht der Partiensammlung. Bei so vielen Daten ist es natürlich auch klar, dass es Ungenauigkeiten gibt. Man muss nicht lange danach suchen: Die Oberliga Baden 2002/03 fehlt, dabei gibt es sie als Download im Internet, auch bei uns im Trainingsbereich für Fortgeschrittene.

 

Vetternwirtschaft

   Die Sensation beim Badischen Kongress: 2001 Michael Hoffmann (IM mit damals 2454 Elo!) spielte nur im Haupt-Turnier B mit, kann das sein? Nein, es war ein Namensvetter mit einer DWZ von etwa 1900. Die zwei sind in der ganzen Datenbank eine Person. Dann taucht noch ein "Hoffmann, M" auf, im Spielerlexikon dem IM gleichgesetzt, 1996 bei der Deutschen U20-Meisterschaft mitgespielt hat - dabei ist der Internationale Meister Jahrgang '70. Der badische Hoffmann war es auch nicht.

   Wie löst ChessBase das Problem der Namensvetter? Anscheinend gar nicht, in anderen Fällen gibt es immerhin z.B. Müller, Christian, dann Müller, Christian1 und Müller, Christian2 und auch noch Müller, Christian3. Und nicht zu vergessen Müller, Christian4. Aber auch in diesem Fall ist es nicht sicher, dass alles richtig aufgeteilt wurde: Die DWZ-Datenbank des Deutschen Schachbundes, die online abgefragt werden kann, kennt nämlich 18 Schachspieler mit dem Namen Christian Müller.

   Ein anderer, sicherlich öfter anzutreffender Fehlertyp ist die falsch eingegebene Partie. Die Begegnung IM Schenk-Kick Baden-Baden 2002 wurde fälschlicherweise mit 0-1 eingetragen, statt 1-0. Die Partie Muhren - Metz Curacao 2003 hat keine Züge (es waren überdurchschnittliche 101). ChessBase hat natürlich Probleme, wenn die Partien eines Turniers von dessen Organisatoren fehlerhaft geliefert werden, aber das Geld geht an sie. Auch bei den Elo-Zahlen fiel mir schnell ein Fehler bei Großmeister Sergey Ivanov auf, derartige Schwankungen sind wohl schwer zu erreichen.

 

Fehler in der Elo-Entwicklung

 

   Einer der wichtigsten Zugänge zu interessanten Partien sind die Schlüssel, so findet man schnell Lehrreiches. Beim Schlüssel Taktik/ Opfer / typische Opfer / wDxh7 finden sich einige tolle Partien aber auch ein paar grausige, die eigentlich nicht da reinpassen, man beachte den "Kommentar" am Anfang der zweiten Partie (es sind immerhin nur 62 Partien mit "ctg" in der ganzen Datenbank zu finden):

 










Kobalija,M (2537) - Nalbandian,T (2439) [B05]
RUS-Cup03 (Geller mem) Moscow (4), 13.02.1999

1.e4 Sf6 2.e5 Sd5 3.d4 d6 4.Sf3 Lg4 5.Le2 e6 6.0-0 Le7 7.c4 Sb6 8.Sc3 0-0 9.Le3 d5 10.c5 Lxf3 11.gxf3 Sc8 12.f4 Lh4 13.Ld3 g6 14.f5 exf5 15.Df3 c6 16.Kh1 Kh8 17.Tg1 Sa6 18.Lxf5 Se7 19.Lc2 Sg8 20.Dh3 Sc7 21.Tg4 Le7 22.Tag1 Dd7 23.f4 Tae8 24.f5 Ld8 25.Se2 b6 26.Sf4 g5 27.Dxh7+ Kxh7 28.f6+ Kh6 29.Th4+ gxh4 30.Se6+ Kh5 31.Ld1# 1-0

   










Seidi,F - Koswatte,C [C02]
Asia-ch U12 Girls Teheran (4.3), 31.03.2002

16MB, General.ctg. D6E6P4 1.e4 e6 2.d4 d5 3.e5 c5 4.c3 Sc6 5.Sf3 Db6 6.Ld3 cxd4 7.cxd4 Ld7 8.0-0 Sxd4 9.Sxd4 Dxd4 10.Sc3 Db6 11.De2 a6 12.a4 Lb4 13.Ld2 Se7 14.Dg4 Lxc3 15.Lxc3 Sg6 16.a5 Dc7 17.Tac1 Lc6 18.f4 Tg8 19.Dh5 f5 20.exf6 gxf6 21.Lxf6 Df7 22.Lg5 Dg7 23.Tf2 Kd7 24.Te1 Tae8 25.Tef1 Sf8 26.Lh6 Dh8 27.Lxf8 Texf8 28.Dxh7+ Dxh7 29.Lxh7 Tg7 30.Ld3 Tfg8 31.g3 Te7 32.Te1 Kd6 33.Tfe2 Tb8 34.Te5 b6 35.axb6 Txb6 36.f5 Tf7 37.Txe6+ Kd7 38.f6 Kd8 39.Lg6 Tf8 40.Tc1 Kd7 41.Te7+ Kd6 42.Tf1 Txb2 43.Tg7 d4 44.Tf4 Ke6 45.f7 d3 46.Lxd3 Ke7 47.Lg6 Tg2+ 48.Kf1 Txh2 49.Th4 Lb5+ 50.Kg1 Tg2+ 51.Kxg2 1-0

 

   Es ist klar, dass nicht alle Kommentare auf gleich hohem Niveau sind (noch schlimmer, es gibt auch einige Partien, in denen die Variante als Kommentar angegeben sind, nicht als nachspielbare Züge), ein Beispiel: Vladimir Kramnik hat 1993 im Botwinnik-System in der Slawischen Verteidigung eine Glanzpartie gespielt. Diese Partie ist kommentiert, leider ist eine Variante falsch, Hiarcs9 vermeldet innerhalb von Sekunden ein Matt in 12, während die Variante von Kommentator IM Jan Ambroz nach einer gespielten Partie zwischen zwei Titelträgern nur Remis angibt:

 










Van Wely,L (2585) - Kramnik,V (2710) [D44]
Biel Interzonal Biel (1), 1993
[Ambroz]

1.d4 d5 2.Sf3 c6 3.c4 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 dxc4 6.e4 b5 7.e5 h6 8.Lh4 g5 9.Sxg5 hxg5 10.Lxg5 Sbd7 11.exf6 Lb7 12.g3 c5 13.d5 Sxf6 14.Lg2 Le7 15.0-0 Sxd5 16.Lxe7 Kxe7 17.Sxb5 Db6 18.Sa3 [ 18.Sc3 Sxc3 19.bxc3 Lxg2 20.Kxg2 Dc6+ (Db7+! gewinnt) 21.f3 Tad8 22.De1 Td3 23.Tf2 Dd5 24.Tb1= Quist-Karolyi, Dieren 1988] 18...Th4!? 19.Dd2 [ 19.gxh4 Tg8! ( 19...Sf4 20.Lxb7 Dxb7 ( 20...Tg8+ 21.Kh1 Dxb7+ 22.f3 Dxb2 23.Dd6+ ) 21.f3+- ( 21.Dg4? Se2+!-+ ) 21...Dxb2 ( 21...Tg8+ 22.Kh1 Dxb2 23.Dd6+ Ke8 24.Dc6+ ) 22.Dd6+! ) 20.Sxc4 Sf4 21.f3 ( 21.Sxb6? Sh3+ 22.Kh1 Lxg2# ) 21...Txg2+ 22.Kh1 Dc7© ] 19...Td4 20.Dg5+! Sf6 21.Lxb7 Tg8 22.De5 Sd7 23.De2 Dxb7 24.Sxc4 Th4 25.f3 Dc7 26.Se3 Kf8 27.Sg4! Th5 28.Tad1+/- Td5 29.De4 Dd6 30.Se3 Td4 31.Txd4 Dxd4 32.Td1 Dxe4 33.fxe4 Ke7 34.Sc4 Sb8 35.Kf2 Sc6 36.Td3 Tg4 37.Sd2! a5 38.Tc3 Kd6 39.h3 Tg8 40.Sc4+ Ke7 41.Tb3 Td8 42.Tb5+- Td4 43.Txc5 Sb4 44.a3 1-0

 

   Insgesamt lässt sich sagen, dass etliche Fehler drin sind, aber es geht wahrscheinlich nicht besser, ohne dass der Preis explodiert. Wer spezielle Interessen hat, ist mit einer speziellen CD besser bedient: Auf der Morphy-CD z.B. ist deutlich mehr zu dem Thema zu finden, auf den Eröffnungs-CDs natürlich auch. Aber als eine solide hochwertige Partiensammlung ist die Mega04 trotzdem das Maß aller Dinge - es geht nämlich noch deutlich schlimmer (HorrorBase)!

 

 

die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung


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