Kasparow rennt aufgebracht davonHusman gewinnt nach nur zwei Stunden gegen Weltranglistenerstenvon FM Hartmut Metz, 4. Oktober 2003 |
Der Ruf als "Schachmaschine" war für José Raoul Capablanca (1888-1942) eher schmeichelhaft. Der Kubaner spielte fast fehlerlos. Als er 1924 Richard Reti unterlag, titelte die "New York Times" in großen Lettern: "Capablanca verliert erste Partie seit 1914". Das stimmte nicht ganz. In seiner Karriere verlor der dritte Weltmeister der Schach-Geschichte aber tatsächlich so wenige Turnierpartien wie keine andere Koryphäe: Nur 34 Mal musste Capablanca seinen Kontrahenten zum Sieg gratulieren!
Dem einstigen Wunderkind, das bereits mit vier Jahren vom bloßen Zusehen das königliche Spiel erlernt hatte, unterlief nur einmal ein grober Schnitzer. Das war 1929 in Karlsbad gegen Fritz Sämisch. Die elegante Erscheinung, der als Charmeur die Frauenherzen eroberte, wurde dabei angeblich vor der Partie von seiner Frau gestört. Die wähnte er eigentlich weit entfernt, doch nun forderte sie den Zimmerschlüssel, um sich dort kurz zu erfrischen. Das brachte Capablanca durcheinander, um nicht zu sagen um den Verstand - denn auf dem Zimmer hielt sich gerade eine Verehrerin auf
Dergleichen Malheur wüsste die Mutter von Garri Kasparow, Klara, sicher zu verhindern. Sie begleitet ihren 40-jährigen Sohn, der Frauen zu beeindrucken versteht, häufig auf Turniere. Ob der Weltranglistenerste aus Russland deshalb bis dato gegen Einsteller gefeit war? "An schlechten Tagen spiele ich vielleicht wie 2 450 Elo", hatte Kasparow einmal getönt. Das wäre noch immer das Niveau eines Internationalen Meisters. Meist denkt der entthronte Weltmeister aber noch immer weltmeisterlich. Beim Europacup der Vereinsmannschaften auf Kreta (Harald Fietz berichtete in der Rubrik Figo) gewann der Spitzenspieler von Ladia Kasan seine ersten vier Partien und erzielte somit eine Performance von 3 014 - fast 200 Elo über seiner Zahl als Weltranglistenerster.
Garri Kasparow, Foto Harald Fietz
Doch dann stand das Match gegen Beer-Sheva an. Der Israeli Alexander Husman ist zwar ein renommierter Großmeister - aber mit 2 574 Elo und als Nummer 188 auf dem Globus eher ein kleines Hindernis für Kasparow, das der Ausnahmekönner rasch über den Haufen rennt. Tatsächlich war alles in zwei Stunden vorbei - doch anders als geplant. Kasparow unterlief der schlimmste Fehler in seiner Karriere. Durch einen Patzer büßte der graumelierte Topspieler zwei Bauern ein und gab sofort auf. Anstatt seine fünf Mannschaftskameraden moralisch zu unterstützen, rannte der aufgebrachte Kasparow von dannen. Mit Mühe glich Kasan das Match noch aus. Das 3:3 war letztlich zu wenig, um nach dem Europacup zu greifen. Den sicherte sich NAO Paris, das in den sieben Runden ungeschlagen blieb.
Alexander Husman, Foto Hartmut Metz
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W: Husman S: Kasparow1.Sf3 d5 2.d4 Sf6 3.c4 c6 4.Sc3 e6 5.e3 a6 6.b3 Lb4 7.Ld2 0-0 8.Ld3 Sbd7 9.Dc2 Ld6 10.Se2 c5 11.0-0 b6 12.cxd5 exd5 13.Sg3 Lb7 14.Sf5 Lc7 15.dxc5 bxc5 16.b4 c4 17.Le2 Se4 18.Lc3 Sxc3 19.Dxc3 Sf6 20.Tfd1 Lc8?? Schwarz darf einiges ziehen - nur nicht das! In Betracht kamen stattdessen [ 20...Te8 oder; 20...Dd7 , wonach Weiß minimal besser steht.] 21.Txd5! Diesen einfachen taktischen Schlag hatte Kasparow erst durch seinen Läuferzug nach c8 ermöglicht. 21...De8 Nun verbietet sich [ 21...Sxd5 wegen 22.Dxg7# ; und 21...Dxd5 verliert die Dame nach 22.Se7+ Kh8 23.Sxd5 ] 22.Lxc4 Kasparow gab die hoffnungslose Stellung sogleich auf. [ 22.Lxc4 Le6 23.Tc5 Lb6 rettet ihn nicht mehr. Weiß gewinnt danach mit 24.Sxg7! Kxg7 25.Tg5+ Kh8 26.Dxf6# ] 1-0 |
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