Fischer war der erste Schach-GewerkschafterGroßmeister in den Spuren der Tennisspieler; neue Profi-Tour fördert Risikobereitschaftvon FM Hartmut Metz, 7. August 2004 |
"Bobby Fischer ist unsere Gewerkschaft!", hatte Boris Spasski einst verkündet. Obwohl der Russe dem Amerikaner beim legendären WM-Match in Reykjavik 1972 unterlegen war, besaß der Pariser stets eine hohe Meinung von seinem Bezwinger. So abstruse Ansichten Robert James Fischer abseits des Brettes vertrat und immer noch verbreitet, so korrekt und regeltreu war der 61-Jährige während der Partien.
Der komische Kauz aus Pasadena nervte die Veranstalter mit immer neuen Forderungen - und tat damit vor allem beim Preisgeld so viel wie kein anderer für die Professionalisierung des Schachsports. Er stellte Honorarforderungen für das Spektakel, das er garantierte - und in der Gewissheit, damit etwas Besonderes zu bekommen, erfüllten die Sponsoren diese. Andernfalls reagierte Fischer äußerst konsequent. Wenn dem Eigenbrötler etwas nicht passte, schreckte er nicht vor einem Rückzug zurück.
Das bewies er gleich dreimal: 1967 beim Interzonenturnier in Sousse zeigte sich Fischer nicht mit den Spielansetzungen am Sabbat einverstanden. Obwohl der 24-Jährige souverän mit 8,5:1,5 Punkten führte, reiste er ab - und büßte alle Chancen ein, den WM-Titel 1969 zu erobern. Ein Jahr später, bei der Schach-Olympiade in Lugano, ließ er das US-Team im Stich, weil ihm die Lichtverhältnisse nicht passten. Die Veranstalter verweigerten ihm einen privaten Raum für seine Partien. Der berühmteste Fall ist die zweite Partie des WM-Kampfs 1972 gegen Boris Spasski. Nachdem Fischer in Reykjavik die erste Begegnung durch einen haarsträubenden Fehler in einem Läuferendspiel verloren hatte, gab der 29-Jährige auch noch die zweite Begegnung kampflos preis! Nachdem man Fischers Forderungen erfüllte, kehrte der Querkopf ans Brett zurück und gönnte Spasski lediglich noch einen Sieg. Mit 12,5:8,5 war Fischer neuer Weltmeister - und spielte bis auf das Revanchematch 1992 gegen Spasski nie mehr in der Öffentlichkeit.
Nach dem ersten "Schach-Gewerkschafter" gab es lange keine Vertretung der Großmeister. Diese formierten sich erst wieder in der Ära Kasparow. Nachdem der dominierende Weltmeister aber das Interesse an der so genannten GMA verlor, büßte sie rasch an Bedeutung ein. Das soll sich jetzt wieder ändern. Unter Federführung des Franzosen Joël Lautier formierte sich die Association of Chess Professionals (ACP). Der Weltklassespieler konnte zahlreiche andere Großmeister um sich scharen und plant Großes: Wie in anderen Sportarten soll eine jährliche Turnierserie veranstaltet werden, die die am stärksten besetzten Events umfasst. Der Name klingt fast wie die ATP-Tour im Tennis: ACP-Tour.
Genau wie beim Spiel mit den gelben Filzbällen soll es am Ende des Jahres ein Finale mit den Besten geben, das ACP-Masters. Dafür qualifizieren sich die acht erfolgreichsten Spieler. Positiv dabei: Um gegen das Remisgeschiebe wie in Dortmund vorzugehen, gibt es für schlechte Ergebnisse keine Bestrafung oder Minuspunkte (wie in der Weltrangliste). Wer risikofreudig agiert und so ein gutes und zwei schlechte Turniere spielt, erhält mehr Punkte als einer, der dreimal mittelmäßig abschneidet.
Mittelmaß verabscheute der erste "Schach-Gewerkschafter": Die nachstehende Partie stammt aus der dritten Runde des Interzonenturniers in Sousse, die Fischer durch einen brillanten Opferreigen gegen den Mongolen Myagmarsuren gewann.
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Fischer,R - Myagmarsuren,L [A08]
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