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Adams kann sich nicht zweiteilen

Kampflose Porzer Niederlage am Spitzenbrett gegen Meister Baden-Baden erhitzt Gemüter

von FM Hartmut Metz, 8. April 2006

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   Der erste Meistertitel des OSC Baden-Baden erfährt einen negativen Nachhall, den der Bundesliga-Champion allerdings nicht zu verantworten hat: Der Tabellendritte SG Köln-Porz war im letzten Saisonspiel gegen die Kurstädter nur zu siebt angetreten (wir berichteten). Die kampflose Niederlage von Michael Adams am Spitzenbrett gegen den Inder Viswanathan Anand begründete der Porzer Vorsitzende Georg Hinz mit personellen Problemen. Neben Adams spielten auch Michail Gurewitsch und Ivan Sokolov gleichzeitig in der französischen Liga. Der englische Weltklassespieler beklagte sich nun in einem offenen Brief, dass er bei Porz nominiert worden sei, obwohl er bereits vor Monaten für das letzte Bundesliga-Wochenende abgesagt habe. Nach diesem Affront kündigte Adams an, sich nie mehr für Porz ans Brett setzen zu wollen.

   Den Rekordmeister aus Köln wird das kaum treffen – laut Hinz hatte der Brite ohnehin mehrfach in dieser Saison geplante Einsätze abgelehnt. In die Diskussion mischte sich auch Till Schelz-Brandenburg ein. Der Leiter der Schach-Abteilung von Werder Bremen echauffierte sich über das „Kreisklassen-Niveau“ des Rivalen. In der Tat grenzt es an Wettbewerbsverzerrung, wenn ein Erstligist in Unterzahl antritt, besonders in einem Spitzenspiel. Dass die Porzer sich so verhielten, hat sich Schelz-Brandenburg aber auch selbst zuzuschreiben: Bereits im Vorfeld waren Stimmen laut geworden, dass alle lieber den OSC Baden-Baden als Champion sehen würden. Dem als großmäulig geltenden Werder-Abteilungsleiter wollte niemand Gelegenheit zu weiteren selbstdarstellerischen Internet-Beiträgen geben, in denen das hohe Lied auf Werder gepaart mit Herabwürdigungen von mit Amateuren besetzten Absteigern gesungen wird. Diesbezüglich zeigte Schelz-Brandenburg höchstpersönlich schon oft genug das von ihm beklagte „Kreisklassen-Niveau“.

 

Alexej Schirow

Alexej Schirow

 

   Ungeachtet des kampflosen Sieges von Anand zeigte Baden-Baden eine Klasseleistung und wies Porz souverän mit 6:2 in die Schranken. Alexej Schirow wurde gegen den Niederländer Loek van Wely einmal mehr seinem Ruf als „Hexer von Riga“ gerecht.

 










Schirow,Alexej (2710) - van Wely,Loek (2648) [B42]
Schach-Bundesliga 0506 SG Koeln Porz - OSC Baden Baden (15.3), 02.04.2006

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Ld3 Lc5 6.Sb3 Le7 Das Manöver mit dem Läufer nach c5 und dann zurück nach e7 macht durchaus Sinn, vertreibt es doch den Springer aus seiner dominanten Rolle auf d4. [6...La7 ist die andere Möglichkeit. Dort steht der Läufer aktiver und unternehmungslustiger. Der Zug hat jedoch den Nachteil, dass der d-Bauer auf d6 später häufig ungeschützt steht. ] 7.c4 d6 8.Sc3 Sf6 9.f4 b6 10.Df3!? Anstatt zu rochieren, aktiviert Schirow lieber seine Dame. Der Ausflug nach f3 gehört noch ins Standardrepertoire. Ungewöhnlich ist der nächste Zug. 10...Lb7 11.Dh3 Weiß nimmt den wunden Punkt h7 ins Visier. Die kleine Rochade verbietet sich zunächst für Schwarz. 11...Sbd7 [11...0-0? ist nicht gleich verloren, aber trotzdem schlecht: 12.e5 dxe5 13.fxe5 Lxg2! (13...Sfd7 14.Dxh7# ) 14.Dxg2 Dxd3 15.exf6 (15.Dxa8? Sd5! 16.cxd5? Lh4# ) 15...Lxf6 16.Ld2 Lh4+ 17.Kd1 Sd7 18.De4 Dh3 19.Kc2 Sf6 20.Dd3 mit weißem Vorteil.] 12.Le3 b5!? Sucht gleich am Damenflügel das Gegenspiel. 13.Sd2 [13.cxb5 axb5 14.Lxb5 Sxe4 15.Sxe4 Lxe4 16.0-0 0-0 stellt van Wely vor keine allzu großen Probleme.] 13...b4 [13...bxc4!? ist wegen des thematischen Vorstoßes nach 14.Sxc4 d5~~ eine sehr gute Alternative.] 14.Se2 h5?! Schwächt den Königsflügel, weshalb der schwarze Monarch im Zentrum bleiben muss. [14...Dc7 ist die Standardentwicklung.] 15.0-0-0! Rochiert auf den bereits gelockerten Damenflügel. Für den Wagemut erhält Schirow aktives Figurenspiel. 15...Dc7 16.Kb1 Sc5 17.Lxc5 Dxc5 18.Thf1 a5 19.Sb3 Db6 20.e5! dxe5 [20...Sg4 erlaubt 21.f5 a4 (21...Sxe5 führt in den Orkus nach 22.fxe6+- ) 22.fxe6! axb3 23.exf7+ Kf8 (23...Kd8 24.Sf4 bxa2+ 25.Ka1 Sf2 26.Se6+ Kc8 27.Df5 verliert umgehend.) 24.Sf4 bxa2+ 25.Ka1 Th6 26.Sg6+ Txg6 27.Lxg6 dxe5 28.Dxh5 Sh6 29.Td7-> und Weiß ist am Drücker.] 21.fxe5 Sg4 22.Sed4 Td8? [22...Tc8! hält als einziger Zug noch die schwarze Stellung zusammen.] 23.c5! Lxc5 [23...Dc7 24.Sxe6 Dc6 (24...fxe6 25.Lg6# ) 25.Lb5! Dxb5 26.Sc7+ Kf8 27.Sxb5 mit Damengewinn.] 24.Sxe6! Damit zertrümmert Schirow den holländischen Verteidigungsriegel. 24...Dxe6 [24...fxe6 25.Lg6+ Ke7 26.Tf7+ Ke8 27.Tc7+ Kf8 28.Txd8# ; 24...Txd3 25.Dxd3 Sxe5 26.Sxg7+ Kf8 27.Df5 ist ebenso unerquicklich.] 25.Sxc5 Db6 26.Sxb7 Dxb7 27.e6! Munter wirft der "Hexer von Riga", der sich hier in seinem Element befindet, weiteres Material nach vorne. 27...f6 [27...fxe6 28.Lg6+ ; 27...0-0 28.Dxh5 Sh6 29.exf7+ Txf7 (29...Kh8 30.Tf6!+- mit der Drohung, auf h6 einzuschlagen.) 30.Dg6+- Kf8 31.Lc4 Txd1+ 32.Txd1 Td7 33.Tf1+ Sf7 34.Dh7 und Schwarz verliert den Springer.] 28.Lg6+ Ke7 29.Txd8 Txd8 [Chancenlos ist der Nachziehende auch im Falle von 29...Kxd8 30.Td1+ Kc8 (30...Ke7 31.Td7+ ) 31.Dd3 Kb8 32.Le4 Db6 33.Dd5 Da6 34.e7 Tc8 35.Df5 Se5 36.Dxc8+ Dxc8 37.Td8 Kc7 38.Txc8+ Kxc8 39.e8D+ ] 30.Dxh5 Sh6 [30...Se5 kontert Weiß mit 31.Dxe5! Td1+ (31...fxe5 32.Tf7+ Kxe6 33.Txb7 ) 32.Txd1 fxe5 33.Td7+ Dxd7 34.exd7 Kxd7 ] 31.Dxa5 Td5 32.Da4 Db8 33.h3 f5 34.g4 fxg4 35.hxg4 Db5 36.Da7+ Kxe6 37.Df2 Sxg4 38.Df7+ Kd6 39.Tc1 Dd7 40.Dxd5+! [40.Df8+ De7 (40...Ke5 41.Te1+ Se3 (41...Kd4 42.Dxb4# ) 42.Txe3+ Kd4 43.Te4+ Kd3 44.Df1+ Kd2 45.De2# ) 41.Tc6+ Kxc6 42.Dxe7 ist noch einen Hauch stärker, wenn auch weniger schön als das weiße Damenopfer.] 40...Kxd5 41.Td1+ Kc6 [41...Kc6 und bevor Schirow 42.Txd7 Kxd7 43.Lf5+ Kd6 44.Lxg4 ziehen konnte, streckte van Wely die Waffen.] 1-0

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