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Schlosser dienen Spötter als Motivation

Baden-Badener und Mowsesjan ragen bei deutschem Meister heraus

von FM Hartmut Metz, 15. April 2006

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   Nach vier Jahren der Anstrengung haben wir es endlich geschafft!“ Der Großmeister, der das nach der ersten deutschen Meisterschaft des OSC Baden-Baden sagte, war besonders erleichtert. „Wir hatten so viel Pech“, befand Michal Krasenkow und meinte sich damit vor allem selbst. Den ersten Titel in der Herren-Bundesliga verstolperte unter anderem der Pole in der Saison zuvor, als er eine Gewinnstellung gegen den Porzer Alexander Beljawski wegwarf und so die entscheidende Baden-Badener Niederlage verschuldete. Gegen Werder Bremen patzte Krasenkow heuer zwar erneut, „glücklicherweise hat uns das aber diesmal nicht den Titel gekostet. So konnten wir dem Sponsor Wolfgang Grenke nach all dem Ärger mit uns etwas zurückzahlen“, befand der Weltklasse-Schachspieler selbstkritisch.

 

Philipp Schlosser

Philipp Schlosser

 

    Neben den gewohnt zuverlässigen und erneut ungeschlagen gebliebenen Spitzen Viswanathan Anand und Peter Swidler hob Krasenkow Sergej Mowsesjan und Philipp Schlosser hervor. Der Slowake holte 9:2 Zähler. Beeindruckend agierte ebenso der als einziger OSC-Großmeister in Baden-Baden lebende Schlosser mit 12,5:2,5 Punkten. „Ich hätte noch besser abschneiden können“, befand der erfolgreiche Trainer, der derzeit die Deutschen bei der Europameisterschaft in der Türkei betreut. Den Spott, dass die Kurstädter nur Meister machen könnten, wenn sie auf ihre acht besten Ausländer setzen, nahm Schlosser als besondere „Motivation. Ich wollte es all denen zeigen, dass ich es noch kann – auch wenn die keine allzu große Ahnung vom Schach haben“. Der 37-Jährige wurde bereits zum siebten Mal deutscher Meister! Sechs Titel hatte Schlosser in den 90er Jahren mit Bayern München gesammelt.

   Betrachtet man die Bilanz der Deutschen im OSC-Kader, hatten die Spötter allerdings auch nicht ganz Unrecht. Außer dem Bajuwaren enttäuschten die vier weiteren Einheimischen, Robert Hübner, Rustem Dautov, Rainer Buhmann und Fabian Döttling. Die Einzelbilanzen der 13 im Meisterteam eingesetzten Spieler (in der Reihenfolge der Aufstellung): 1. Anand 5:2 Punkte, 2. Swidler 4,5:1,5, 3. Bacrot 4:1, 4. Schirow 7,5:2,5, 5. Vallejo Pons 4:2, 6. Nielsen 6:3, 7. Krasenkow 5,5:3,5, 8. Mowsesjan 9:2, 9. Hübner 4:4, 10. Dautov 8:6, 11. Schlosser 12,5:2,5, 12. Buhmann 5:4, 13. Döttling 6:4.

   Dem Spanier Francisco Vallejo Pons gelang am letzten Bundesliga-Wochenende beim 7:1 über Absteiger Godesberger SK eine hübsche Partie gegen Christian Seel.

 










Vallejo Pons,Francisco (2674) - Seel,Christian (2492)
Schach-Bundesliga 0506 OSC Baden Baden - Godesberger S (14.4), 01.04.2006

1.c4 c5 2.Sf3 Sf6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.e4 Sb4 6.Lc4 Sd3+ 7.Ke2 Weiß erkauft einen schönen Entwicklungsvorsprung mit einer kleinen Königswanderung. [7.Lxd3 Dxd3 beschert Weiß keinen Vorteil.] 7...Sf4+ 8.Kf1 Se6 Der Springer muss nochmals ziehen, da er ansonsten nach 9.d4 erneut angegriffen wird, diesmal durch den Läufer auf c1. 9.b4 Dieser Zug ist noch gut bekannt. Weiß möchte das Zentrum räumen, um sich mittels d4 Raumvorteil zu sichern. 9...g6 [9...cxb4 10.Se2 (10.Sd5 g6 11.Lb2 Lg7 12.Lxg7 Sxg7 13.Sxb4 0-0 14.d4 Lg4<=> geschah in Polugajewski-Kortschnoi, Buenos Aires 1980.) 10...Sc7 11.d4 e6 12.h4 b5 13.Ld3 Lb7 14.h5 h6 15.Th4 Sd7 16.Lf4 a6 17.Sc1 e5!?<=> führte 2002 in Loginow-van Wely (Moskau) zu einer Stellung mit beiderseitigen Chancen.] 10.bxc5 Lg7 11.Lxe6 Lxe6 12.d4 Sc6 Schwarz übt Druck auf d4 aus. Eine andere Fortsetzung wählte die deutsche Nummer eins Arkadij Naiditsch zu Beginn des Jahres in Wijk aan Zee gegen Navara: [12...Lg4 13.Tb1 Sc6 14.Txb7 Lxf3 15.Dxf3 Dxd4 16.Lb2 Dc4+ 17.De2 Dxe2+ 18.Kxe2 0-0-0 19.Sd5 Kxb7 20.Lxg7 Thg8 21.Tb1+ Kc8 22.Lc3 Td7~~ mit unklarem Spiel.] 13.Le3 Lc4+ 14.Kg1 Da5 15.Tc1 f5!? Das ist der erste neue Zug. Bis dahin stützte sich Christian Seel wohl auf den Vorläufer [15...0-0-0 16.Sb1 Da6 17.d5 f5 18.Txc4 Dxc4 19.Sbd2 Dxa2 20.dxc6 bxc6 21.g3 Td3 22.Kg2 fxe4 23.Sg5+- , wonach Vallejo gegen Peter Leko anno 2003 beim Superturnier in Linares auf Gewinn stand.] 16.d5! Der Baden-Badener zeigt sich von der Neuerung wenig beeindruckt und kontert mit mehreren starken, schwer vorherzusehenden Zügen. Lxc3 der einzige Zug [16...Se5 verliert nach 17.Sxe5 Lxe5 18.Ld4+- ; 16...0-0-0 17.Ld2 Sd4 18.Sxd4 Lxd4 19.Sa4 Db5 20.Lg5 Ld3 21.c6! ist ebenso wenig erbaulich. Ein Beispiel: 21...fxe4 22.Dg4+ Kc7 (22...Kb8 23.c7+ ) 23.Lf4+ ] 17.dxc6 bxc6 18.Dc2 Td8 19.h4 Erst benötigt der König ein Luftloch. Das gierige [19.Dxc3?? verbietet sich wegen 19...Dxc3 20.Txc3 Td1+ 21.Se1 Txe1# ] 19...Td3 20.Ld4! Ein hübscher Zug, der die schwarze Stellung wie ein Kartenhaus zusammenfallen lässt. 20...Txd4 [20...Lxd4 21.Dxc4 Lb2 22.Dxd3 Lxc1 23.exf5 Dxc5 24.fxg6 macht auch keinen Spaß.] 21.Sxd4 Lxd4 22.Dxc4 Dd2 23.Th3! Vallejo bringt die Partie mit aktiven Zügen zum Ende. Der f2-Bauer ist unwichtig, hätte aber mit dem Turmzug nach f1 gedeckt werden können. 23...fxe4 24.Kh1 Tf8 25.Tb1! Plötzlich ist der schwarze Monarch gefährdeter als der vorher noch in der Schusslinie befindliche weiße König. 25...Txf2 26.Dg8+ Tf8 [26...Kd7 27.Tb7# ] 27.De6 Lb2 28.Tb3 Df4 29.T3xb2 Dxh4+ 30.Kg1 und weil das Matt auf b8 nicht mehr zu parieren ist: 1-0

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