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WM-Vereinigung hat einen Pferdefuß
Drohende Abwahl von FIDE-Präsident Iljumschinow sorgt für Fortschritte
von FM Hartmut Metz, 29. April 2006
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Not macht erfinderisch. In arger
Not steckt Kirsan Iljumschinow. Der selbstherrliche Präsident des
Schach-Weltverbandes FIDE schien vor der Abwahl zu stehen. Mit dem erfolgreichen
belgischen Geschäftsmann Bessel Kok, der schon für mehrere Turniere
Sponsoren fand, tauchte erstmals seit zehn Jahren ein aussichtsreicher
Gegenkandidat auf. Zahlreiche europäische Verbände und Spitzenspieler
kündigten bei der Wahl im Mai in Turin ihre Unterstützung für
Kok an. Mit einem Coup könnte Iljumschinow nun aber doch noch
überraschend das Ruder herumwerfen: Der WM-Titel soll im September endlich
wieder vereinigt werden. Die zwei Weltmeister Wesselin Topalow und Wladimir
Kramnik tragen in Elista zwölf Partien aus.
Das mit einer Million Dollar dotierte
Match bezahlt mangels Sponsoren erneut Iljumschinow aus der eigenen Tasche.
Als Präsident der autonomen russischen Republik Kalmückien hat
er schon mehrfach hochkarätige Turniere in seiner Hauptstadt ausrichten
lassen. Seit 1993, als sich der damalige Champion Garri Kasparow mit der
FIDE überwarf und als überragender Großmeister die WM in
Eigenregie vermarktete, gab es zwei Weltmeister. Die Titelvereinigung kam
wegen der russischen Sturköpfe Kasparow und Iljumschinow nie richtig
voran. Eigenwillig agierte der FIDE-Chef auch, nachdem Kramnik anno 2000
Kasparow entthront hatte. Getroffene Vereinbarungen die zum Teil Kok
zu verdanken waren fielen unter den Tisch. So erfreulich das Duell
vom 21. September bis 13. Oktober auch ist sollte es Iljumschinow
zur Wiederwahl verhelfen, wäre dies eine Riesenkröte, die die
Schachwelt schlucken muss.
Beim Amber-Turnier in Monaco kam
es heuer nicht zum Vergleich zwischen den dortigen Dauergästen Topalow
und Kramnik. Durch eine rheumatische Arthritis fiel Kramnik in der Weltrangliste
auf Platz neun zurück und musste auch erstmals in diesem Jahrzehnt die
Teilnahme an dem Schnell- und Blindschach-Wettbewerb absagen. Sein bulgarischer
WM-Widersacher überzeugte dort allerdings auch nicht und belegte nur
Platz fünf in der Gesamtwertung mit 11:11 Punkten.
Spektakulär verlief dagegen
ein Remis zwischen dem letztplatzierten Monaco-Novizen Peter Heine Nielsen
und seinem Vereinskameraden beim OSC Baden-Baden, Francisco Vallejo Pons.
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Nielsen,Peter Heine (2644) - Vallejo Pons,Francisco (2650) [D43]
Monaco Amber Schnellschach Monte Carlo MNC (8), 26.03.2006
1.d4
d5
2.c4
c6
3.Sf3
Sf6
4.Sc3
e6
5.Lg5
h6
6.Lh4
dxc4
7.e4
g5
8.Lg3
b5
9.Le2
Lb7
10.Se5
Sbd7
11.0-0
h5 Dieser Zug ist
eine Entdeckung Vallejos, mit der der Spanier die Variante zu neuem Leben
erweckte. Auf Großmeister-Niveau kassierte Schwarz mit
[11...Lg7
12.Sxd7
Sxd7
13.Ld6 im Vorjahr einige
empfindliche Niederlagen.]
12.Sxd7
Dxd7
13.Le5
Th6
14.Dc1 Ein neuer
Zug. Teimour Radjabow erreichte mit 14.f4 in Morelia genauso wenig gegen
Vallejo wie Weltmeister Topalow nach 14.f3 De7.
14...Sg4!? Opfert
einen Bauern, um rascher einen Königsangriff einleiten zu können.
15.Lxg4
[15.Dxg5?
f6 ]
15...hxg4
16.Dxg5
Tg6
17.De3
f6
18.Lg3
Lh6
19.De2
0-0-0
[19...Dxd4 dürfte
Vallejo wegen 20.Tfd1
Dc5
21.e5
f5
22.Lh4 verworfen haben,
wonach der schwarze König unsicher steht. Das illustriert aber vor allem
auch das interessante Springeropfer
(22.Se4!?
fxe4
23.Dxe4
Tg7
24.Td6 , nach dem
Schwarz auf der Hut sein muss.) ]
20.Tfd1
De7
21.a4
b4
22.Sb5!? Nun ist
es an Nielsen, ein spektakuläres Opfer zu bringen. Deutlich passiver
ist der Standardzug Sa2 in solchen Bauernvorstoß-Varianten.
22...cxb5
23.axb5
Kd7! Macht sich aus
dem Staub, bevor es in der Gefahrenzone am Damenflügel zu unangenehm
wird. 24.Txa7
Ke8
25.Dxc4
Tc8
26.Db3 [Die Alternative
26.Da2 mit der Idee Da5
nebst Db6 ist unangenehm für den Nachziehenden.]
26...f5
27.d5?!
[27.b6!
f4
28.Lh4!
Dxh4
29.Txb7
g3
30.fxg3
fxg3
31.Da4+
Kf8
32.h3
Kg8
33.Dd7
Le3+
34.Kf1
(34.Kh1?
Dxh3+!!
35.gxh3
g2+
36.Kh2
g1D+
37.Txg1
Tc2+
38.Tg2
Tgxg2+
39.Kh1
Tg1# )
34...Tf8+
35.Ke2
Dh6
36.Tc7
Tgf6
37.b7
e5
38.dxe5
Tf2+
39.Kd3
La7 führt zu einer
vogelfreien Stellung, in der beide Seiten Chancen haben.]
27...f4?
[27...exd5!
28.exd5
Tc1
29.Txc1
Lxc1
30.Dd1
Lg5
31.h4
gxh3
32.Dh5
Kf7
33.Le5!
Dxe5
34.Txb7+
Kf8
35.Dxg6
De1+
36.Kh2
Lf4+
37.g3
(37.Kxh3
Dh1# )
37...Dxf2+
38.Kxh3
Df1+
39.Kh2
Df2+ mit Dauerschach.]
28.d6
Dd7
29.Lh4
f3
30.e5
[30.Txb7 gewinnt:
30...Dxb7
31.d7+
Dxd7
32.Txd7
Kxd7
33.h3
Tc1+
34.Kh2
fxg2
35.Kxg2
gxh3+
36.Kh2
Lf4+
37.Lg3 ]
30...Ta8
[30...Tb8 ist stärker,
verliert aber langfristig wohl genauso.]
31.Txb7!
Dxb7
32.d7+
Kf7
33.d8S+
Txd8
34.Txd8
Dxb5
35.Dc2 Droht Dc7
mit Vernichtung.
35...Tg7
36.Lf6?
[36.Dc8!
Da4 (oder
36...fxg2
37.Td7+
Kg6
38.De8+
Kf5
39.Tf7+
Txf7
40.Dxb5 )
37.Td7+
Kg6
38.De8+
Kf5
(38...Kh7
39.Txg7+
Lxg7
40.Dxa4 )
39.Tf7+
Txf7
40.Dxa4 ]
36...De2!
37.Db1?
[37.Dd3
De1+
38.Df1
Dxf1+
39.Kxf1
Tg8
40.Td7+
Kg6
41.gxf3
gxf3
42.Td3 beschert Weiß
doch noch den vollen Punkt.]
37...Le3!!
38.Td7+
[38.fxe3
Dxg2# ]
38...Ke8
39.Td8+
Kf7
40.Df1 Der letzte
Versuch, das Remis zu vermeiden. Schwarz findet allerdings auch die einzige
Ressource. 40...g3!
41.Td7+
[41.hxg3
Txg3
42.Td7+ umgeht das
Dauerschach auch nicht mehr.]
41...Ke8
42.Td8+
Kf7
43.Td7+
Ke8
44.Td8+
Kf7 Eine sehenswerte
Kampfpartie! 1/2-1/2 |
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