Schmutzige Tricks tragen FrüchteWM-Titelvereinigung: Topalow gleicht dank Psychokriegs zum 4:4 ausvon FM Hartmut Metz, 7. November 2006 |
|
|
|
Wladimir Kramnik |
Wesselin Topalow |
Der Psychokrieg hat bei Wladimir Kramnik doch Spuren hinterlassen. Bei der WM-Titelvereinigung im südrussischen Elista gewann Wesselin Topalow mit Schwarz seine erste Partie. Nach fast vier Stunden Spielzeit verlor Kramnik die Übersicht und musste später wegen eines Mattangriffs im 52. Zug die Hand zur Aufgabe über das Schachbrett reichen. Damit steht es in dem mit einer Million Dollar dotierten Wettkampf in Kalmückien 4:4. Die neunte von maximal zwölf Begegnungen wird heute ausgetragen, die zehnte folgt morgen. Kramnik spielt aber nur noch unter Protest weiter. Ich behalte mir rechtliche Schritte gegen die Wertung nach dem Match vor, kündigte der Russe an, weil Topalow die fünfte Partie wegen der Toiletten-Affäre kampflos zugesprochen worden war.
Dabei schien diese endlich überstanden zu sein. Vielleicht geriet alles zu emotional. Darauf kann ich nicht stolz sein. Wir sind alle Menschen und machen manchmal Fehler, hatte Topalow nach dem Remis in der sechsten Partie kleinlaut eingeräumt. Die abstrusen Beschuldigungen, sein Kontrahent würde auf dem nicht videoüberwachten Klo mit einem Computer bescheißen, kosteten den Bulgaren alle Sympathien der Fans. Hans-Walter Schmitt, Organisator der Chess Classic Mainz, rief mittlerweile sogar andere Turnierveranstalter zu einem künftigen Boykott Topalows auf.
Just als sich die Gemüter etwas beruhigt hatten, ließ sein Manager Silvio Danailow den nächsten schmutzigen Trick folgen. 15 Minuten vor der siebten Begegnung versuchte er in einer Presseerklärung einmal mehr weiszumachen, Kramnik setze das Programm Fritz 9 in seinem Waschraum ein. Eine Statistik sollte die Übereinstimmung der Vorschläge von Fritz 9 und den von Kramnik im Wettkampf gespielten Zügen belegen. Abgesehen davon, dass Danailow nicht einmal in der Lage war, die Zugzahl der dritten Partie korrekt aufzulisten und so falsche Daten ermittelte, beweist eine Zug-Übereinstimmung von 76,7 Prozent überhaupt nichts. Jeder starke Großmeister würde auf einen ähnlichen Wert kommen. Die Prozentzahl ist barer Unsinn. Alles hängt davon ab, wie lange man die Maschine laufen lässt und warte, bis der passende Zug angezeigt wird, befand Kramnik und ergänzte süffisant, Topalows Prozentsatz in San Luis lag zum Beispiel viel höher. Bei der WM des Schach-Weltverbandes FIDE 2005 in Argentinien hatten zwei Teilnehmer dem Bulgaren Computer-Betrugsversuche unterstellt, an die heute noch viele glauben.
Schon vor seiner ersten Niederlage auf dem Brett hatte Kramnik mit Blick auf das gegnerische Team geäußert: Die tun mir Leid. Die versuchen jeden schmutzigen Trick, um mich aus dem Konzept zu bringen. Das Management des 31-Jährigen appellierte daher an die FIDE-Ethik-Kommission, endlich gegen die Provokationen einzuschreiten. Außerdem forderte der Dortmunder Carsten Hensel, die Toiletten-Kontrolleure aus dem Topalow-Team vor jeder Inspektion zu filzen. Laut Informationen des Kramnik-Managers gibt es Hinweise, die Bulgaren wollten in den Waschraum verdächtiges Material schmuggeln, um einen weiteren Skandal heraufzubeschwören.
Zunächst zeigte sich Kramnik am Brett unbeeindruckt von den Spielchen der Gegenseite. Weil der 31-Jährige die fünfte Partie kampflos verloren hatte und zur Hälfte des Duells über zwölf Partien ein Farbwechsel anstand, musste der Moskauer in Durchgang sieben zum dritten Mal in Folge mit Schwarz antreten. Problemlos verteidigte er erneut ein Remis. In der achten Begegnung am Donnerstag brach Kramnik jedoch ein und kassierte seine erste Niederlage zum 4:4-Ausgleich.
|
Topalow,Wesselin (2813) - Kramnik,Wladimir (2743) [D27]
|
|
Kramnik,Wladimir (2743) - Topalow,Wesselin (2813) [D47]
|