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Jetzt muss Deep Fritz den HSV retten

Dittsche findet nach 4:2-Sieg über Kramnik neues Betätigungsfeld für Schach-Programm

von FM Hartmut Metz, 10. Dezember 2006

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   Das Thema Schach ist für Deep Fritz durch. Das Programm schlug Weltmeister Wladimir Kramnik in Bonn mit 4:2. Ein neues, spannenderes Betätigungsfeld muss her. Das zeigte Olli Dittrich für Deep Fritz auf. Als Dittsche philosophierte der TV-Comedian im Bademantel am Tresen seiner Stamm-Imbissbude über die Möglichkeiten, den Computer beim akut abstiegsgefährdeten Hamburger SV einzusetzen. Da Fritz-Hersteller Chessbase auch in der Hansestadt am Mexikoring residiert, könnte die Sturmmisere des Fußball-Bundesligisten auf dem kleinen Dienstweg behoben werden. Und das sehr preisgünstig: Statt weiterer Millionen-Fehlinvestitionen würden 49,99 Euro als Transfersumme genügen.

 

Wettkampf Kramnik - Deep Fritz 2006

 

   „Wir arbeiten ab morgen fieberhaft an der reizvollen Aufgabe“, scherzte Fritz-Bediener Mathias Feist unmittelbar nach dem 4:2-Sieg und kündigte das Debüt des „elektronischen Linksfußes“ für die erste Partie nach der Winterpause an. Dittrich reduzierte mit der Bierflasche in der Hand zwar die Zahl der berechneten Spielzüge von Deep Fritz von zehn auf eine Million pro Sekunde – aber das sollte selbst beim HSV reichen. Anstatt ihn nur als Ideengeber auf der Bank einzusetzen, wie Dittsche vorschlug, wäre dem Tabellenvorletzten sicher mehr gedient, wenn er eine Million Flanken pro 90 Minuten in den gegnerischen Strafraum schlägt. Die neun bisher vor dem Tor versagenden Kameraden würden von Deep Fritz sicher oft genug angeschossen, damit der Ball von alleine ins Tor spritzt. Mit dem neuen Flankengott steigt der HSV auf keinen Fall ab!

 

Siegerehrung Bonn 2006

 

   Dass Deep Fritz nicht nur Angriffs-, sondern auch Defensivqualitäten besitzt, zeigte sich in der fünften Partie gegen Kramnik.

 










Kramnik,Wladimir (2750) - Deep Fritz 10 [E51]
Mensch gegen Maschine Bonn (5), 03.12.2006

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Kramnik verzichtet auf das Abspiel aus den beiden vorherigen Weiß-Partien. Zwar erlangte der Russe mit Katalanisch (4.g3) leichten Vorteil, dies bescherte Kramnik jedoch in beiden Fällen keinen vollen Punkt. 4...Lb4 5.e3 0-0 6.a3 Lxc3+ 7.bxc3 c5 Über einen Umweg geriet man ins Fahrwasser der Nimzo-Indischen Verteidigung. 8.Lb2 Sc6 9.Tc1 Te8N Ein neuer Zug, den Deep Fritz in die Praxis einführt. Bekannt ist [9...b6 10.cxd5 exd5 11.c4 cxd4 12.Sxd4 Se5 13.cxd5 Dxd5 14.Sb5 Dxd1+ 15.Txd1 Sed7 16.Lc4 La6 17.Sd6 Lxc4 18.Sxc4 Tfc8 19.Sd6 Tc2 20.Td2 Txd2 21.Kxd2 Se8 22.Sf5 g6 23.Se7+ Kf8 24.Sc6 Sd6 25.Tc1 Sc5 26.Ke2 aus dem Duell der beiden amerikanischen Großmeister Boris Gulko und Alexander Onischuk, das in diesem Jahr in New York ausgetragen wurde.] 10.Ld3 dxc4 11.Lxc4 e5 12.dxe5 Dxd1+ 13.Txd1 Sxe5 14.Sxe5 Txe5 15.Le2 Ld7 16.c4 Te7 17.h4!? Nach der Partie war sich Kramnik nicht mehr sicher, ob das der beste Plan ist. Der erste Zug, der einem in der Stellung einfällt, [17.Lxf6 gxf6 18.Td6 Kg7 19.Kd2 Lc6 20.Kc3 schien Kramnik zu wenig zu versprechen. "Wenn ich in Führung gelegen hätte, hätte ich die Variante ausprobiert. So aber empfand ich die Remisbreite als zu hoch", meinte der Weltmeister.] 17...Se4 18.h5 La4! Schwarz befragt den Turm, der sich nun nur unter Zugeständnissen auf der d-Linie halten kann. 19.Td3 [19.Td5 Lc6 20.Te5 (20.Td1 La4 führt bereits zur Zugwiederholung.) 20...Txe5 (20...Td7 21.Th4 Td2 22.Lf3 Txf2 23.Le2 Txg2 24.Texe4 Lxe4 25.Txe4 b6 ist für Weiß im Mittelspiel etwas besser, weil die schwarzen Bauern alle zuverlässig blockiert sind.) 21.Lxe5 f6 22.Lf4 Sc3 23.Kd2 Sxe2 24.Kxe2 Lxg2 25.Tg1 Lh3 26.Lh6 g5 27.hxg6 Le6 28.Kd3 Lf5+ 29.e4 Td8+ 30.Ke3 Te8 (30...Lxg6? 31.f4 Kf7 32.f5 Lh5 33.Tg7+ Ke8 34.Txb7 ) 31.f3 Lxg6 32.Td1 Kf7 33.Td7+ Te7 34.Txe7+ Kxe7 mit Remisschluss.] 19...b5 20.cxb5 [20.f3? wird durch 20...bxc4 21.Td5 Tb7 widerlegt.] 20...Lxb5 21.Td1 Lxe2 22.Kxe2 Tb8 23.La1 f5 Die Attacke mittels Tb3 verbot sich noch wegen des Grundlinienmatts. Nun droht Deep Fritz die Aktivierung des Turms. Außerdem schwebt nach dem interessanten Zug der Vorstoß f4 in der Luft. Die Stellung befindet sich im dynamischen Gleichgewicht. 24.Td5! Unternimmt eine letzte Bemühung um den Sieg, obwohl diese gefährlich für Weiß wirkt. 24...Tb3 25.Txf5 Txa3 26.Tb1 Te8! [26...Ta2+? 27.Tb2! Txb2+ (27...Txa1?? 28.Tb8+ Te8 29.Txe8# ) 28.Lxb2 c4 29.Ld4 Tc7 30.Te5 Sd6 31.Ta5 c3 32.Txa7 Txa7 33.Lxa7 c2 34.Kd2 Se4+ 35.Kxc2 Sxf2 36.Kd2 Se4+ 37.Kd3 Sf6 38.h6 gxh6 führt beschwerlicher zur Punkteteilung.] 27.Tf4 [27.Te5 ist eine Alternative: 27...Txe5 28.Lxe5 (28.Tb8+! Kf7 29.Lxe5 Ta2+ 30.Kf3 Sd2+ 31.Kf4 Ta4+ 32.Kg3 Se4+ 33.Kf3 g6 reicht Schwarz gerade noch zum Remis.) 28...Ta2+ 29.Tb2 (29.Kf3?? Sd2+ 30.Kg3 Sxb1 ) 29...Txb2+ 30.Lxb2 Kf7 31.g4 c4 32.f3 mit einem besseren Endspiel für Weiß. Wahrscheinlich sind die verbundenen Bauern aber nicht genug, um zu gewinnen. ] 27...Ta2+ 28.Ke1 h6! [28...c4? ist nur ein pseudoaktiver Zug, der dem bisher eingeschränkten Läufer eine Perspektive auf d4 schenkt. 29.Ld4 c3 30.Tc1 (30.Tb7? Ta1+ 31.Ke2 Ta2+ 32.Ke1 führt einmal mehr zu einer Zugwiederholung, weil 32...Ta1+ 33.Ke2 Ta2+ 34.Kd3 Td2+ 35.Kc4 Tc8+ 36.Kd5 (36.Kb5 Txd4 37.exd4 Sd6+ 38.Ka6 c2 ) 36...Sf6+ 37.Ke6 Tc6+ 38.Ke7 Sd5+ 39.Kd7 Sxf4 40.Kxc6 Txd4 41.exd4 c2 verliert.) 30...g5 31.hxg6 hxg6 32.Lxc3 g5 33.Tg4 Kf7 34.Ld4 (34.f3?? Sxc3! 35.Txc3 Th8! mit undeckbarem Matt!) 34...Sxf2 35.Tc7+ Kg6 36.Tg7+ Kh6 37.T4xg5 Tc8 38.T7g6+ Kh7 39.Tg7+ Kh6 40.T7g6+ mit Dauerschach.] 29.Tg4 g5! Der Zug überrascht zunächst. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass [29...Te7 größere Gefahren birgt. 30.Tb8+ Kh7 31.Lxg7 Txg7 (31...Sxf2?? 32.Th8# ) 32.Txe4 Txg2 (32...a5 33.Tee8 Td7 34.g4 a4 35.Tec8 a3 36.Ta8 Tb7 37.Kf1 Tf7 38.Th8+ Kg7 39.Tag8+ Kf6 40.Txh6+ (40.f4 Ke6 41.Td8? Tb7! (41...Tb2 42.Txh6+! Tf6 43.Th7 a2 44.Ta7 Tb1+ 45.Ke2 a1D 46.f5+ Txf5 (46...Ke5 47.Te7+ Te6 48.Txe6# ) 47.Te8+ Kd5 48.Txa1 Txa1 49.gxf5 mit Gewinn.) 42.Txh6+ Ke7 43.Th7+ Kxd8 44.Txb7 c4 (44...Tb2 45.Ta7 a2 46.h6 Tb1+ 47.Kg2 a1D 48.Txa1 Txa1 49.h7+- ) 45.Ke1 (45.h6 c3 46.Tb1 Th2 47.h7 c2 48.Tc1 a2 49.g5 Txh7 50.Ke2 Td7 51.f5 Td1 und Schwarz gewinnt noch!) 45...Th2 46.Ta7 a2 47.g5 a1D+ 48.Txa1 Th1+ 49.Kd2 Txa1 50.h6 Ke7 51.g6 Kf6 52.f5 Th1 53.h7 Kg7 54.e4 Th3 55.Kc2 Th4 56.e5 Th5 57.e6 Txf5 58.e7 Te5 59.Kc3 Txe7 60.Kxc4 Te8 und Schwarz gewinnt.) 40...Ke5 41.Te8+ Kd5 42.Td8+ Ke4 43.Kg2 Taxf2+ 44.Kg3 T7f3+ 45.Kh4 Tf7 (45...a2?? 46.Te6# ) 46.Ta6 a2 47.h6 Tg2 48.Tg8 Kf3 49.Kh5 Th2+ 50.Kg6 Td7 51.Tf8+ (51.g5? Td6+! 52.Txd6 a1D ) 51...Kxg4 52.Tf1 mit ausgeglichener Position!) 33.Te7+ Tg7 34.Tbb7 Txe7 35.Txe7+ Kg8 36.Tc7 Ta5 37.Ke2 c4 38.Txc4 Txh5 39.Tc7 a5 40.Ta7 Tb5 41.Kf3 h5 42.Kf4 Tc5 43.e4 Tb5 44.f3 Tc5 45.e5 h4 46.e6 Kf8 47.Kg4 Te5 48.Kxh4 Txe6 49.Txa5 mit Remisstellung.] 30.hxg6 Sxf2 31.Th4 Tf8 32.Kf1 Im Gegensatz zur zweiten Partie entgeht Kramnik das drohende Matt nicht. Nur dieser Königszug hinein ins Abzugsschach hält den halben Punkt fest. [32.Lb2 wie 32.Tf4 kosten nach dem Springerschach auf d3 Material.] 32...Sh3+ 33.Ke1 Sf2 34.Kf1 Sh3+ Nach 19 Minuten währendem Brüten, in dem Deep Fritz etwa elf Milliarden Stellungen berechnet haben dürfte, kommt das Programm zum Schluss, dass die Zugwiederholung am besten ist. 35.Ke1 1/2-1/2

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